Herz-Kreislauferkrankungen und Bergsport

14.02.2023

Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird eine regelmäßige körperliche Betätigung empfohlen, und ist eine der wesentlichen Bestandteile der Therapie. Meist raten die behandelnden Ärzte zu moderaten Bewegungsarten wie Walking und gemäßigtem Radfahren, die die Herzaktivität nur gering steigern.

Was ist jedoch mit anderen Sportarten, u.a. Bergsport? Muss eine Herzpatientin oder ein Herzpatient, der die Berge liebt, Bergwandern oder Bergsteigen von seiner Liste streichen? Ein Gremium aus europäischen Kardiologie-Verbänden und italienischen Medizinern hat diese Frage nun weiter untersucht und eine Vielzahl von Studien evaluiert, die die Auswirkung von körperlicher Anstrengung in Höhenlagen auf Herzkranke untersucht haben.*

Die buchstäbliche, dünne Luft ab etwa 2.500 Metern verlangt dem Herz-Kreislauf-System aufgrund des abnehmenden Sauerstoffgehalts einige Ausgleichsmechanismen. Um ausreichend Sauerstoff zu beziehen, müssen in der Höhe Herz und Atmung verstärkt arbeiten. Bei schwerer Herzerkrankung kann daraus im schlechtesten Fall z.B. ein Lungenödem oder ein akutes Herzversagen resultieren. Die an der Auswertung der Studien beteiligten Experten sind sich jedoch einig: Wenn Bergsteigen vernünftig und unter Ausschluss von persönlichen Risikofaktoren betrieben wird, kann es auch für Herzpatienten als förderliche Sportart angesehen werden. Ihre Empfehlungen richten sich an die häufigsten Koronar-Patientengruppen:

Bei Herzinsuffizienz:
Kürzere Höhenaufenthalte sind bei leichter bis mäßiger Anstrengung für Patienten der NYHA (New York Heart Association)-Klassen I–III fast immer ungefährlich. Eventuelle Begleiterkrankungen sollten aber vorher unbedingt abgeklärt werden. Wichtig ist, dass ab ca. 2.500 m nur langsam aufgestiegen werden sollte (pro Tag max. 500 m). Für Patienten mit NYHA I–II sind Höhen bis 3.500 m sicher; für Patienten mit NYHA III Höhen bis 3.000 m; Patienten mit NYHA IV sollten extreme Höhenlagen meiden. Vor einer Bergtour sollte außerdem überprüft werden, ob Medikamente eingenommen werden, die ggf. Wechselwirkungen mit der Höhenkompensation aufweisen. So können z.B. Angiotensin Rezeptorblocker und ACE-Hemmer den in der Höhe notwendigen Hämatokrit-Anstieg und die Sauerstoffbindekapazität abschwächen.

Bei ischämischen Herzkrankheiten (z.B. koronare Herzkrankheit, Z.n. Herzinfarkt):
Trainierte Patienten mit geringem Risiko können unter bestimmten Bedingungen von mäßiger Anstrengung in Höhenlagen profitieren. Für sogar auf Normalhöhe untrainierte Patienten wird dagegen von Bergsport abgeraten. Vorsicht geboten ist in den ersten 6 bis 12 Monaten nach einem Herzinfarkt, einer Bypass- oder Stent-Operation. Hier muss unbedingt vorab die Medikation überprüft werden (insbesondere Blutgerinnungshemmung nach Stentimplantation). Bei nur leichter koronarer Herzerkrankung sind Höhen bis 4.200 m bei niedriger bis moderater Anstrengung sicher, bei moderater Erkrankung Höhen bis 2.500 m bei maximal leichter Anstrengung, während bei ausgeprägter Erkrankung extreme Höhenlagen komplett vermieden werden sollten.

Bei Bluthochdruck:
Fast alle ausreichend trainierten Bluthochdruckpatienten dürfen Bergsteigen. Wichtig ist, dass der Blutdruck mit Medikamenten gut eingestellt ist; eine regelmäßige Blutdruckkontrolle sollte erfolgen. Bei mäßigem, gut eingestellten Bluthochdruck sind Höhen bis 4.000 m sicher, oberhalb 4.000 m sollte vorab eine kardiologische Untersuchung und Empfehlung erfolgen; bei schwerem, nicht gut eingestellten Bluthochdruck sollten extreme Höhenlagen vermieden werden. Medikamente sollten immer hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen im Hinblick auf die Höhenakklimatisierung überprüft werden.

Bei Herzrhythmusstörungen:
Wenn der gesundheitliche Zustand insgesamt gut ist, können Patienten mit Herzrhythmusstörungen bei mäßiger bis moderater Anstrengung bergsteigen. Dies gilt auch z.B. nach der Implantation eines Schrittmachers. Liegen ernste Herzrhythmusstörungen (insbesondere der Herzkammer) vor, sollten Höhenlagen über 3.000 m bis 3.500 m aber nicht überschritten werden. In diesem Sinne euch allen eine gute Zeit und viel
Freude bei euren Bergaktivitäten!
Eure Sabine


* Referenz: 1. Parati G, Agostoni P, Basnyat B, Bilo G et al. Clinical recommendations for high altitude exposure of individuals with pre-existing cardiovascular conditions: A joint statement by the European Society of Cardiology, the Council on Hypertension of the European Society of Cardiology, the European Society of Hypertension, the International Society of Mountain Medicine, the Italian Society of Hypertension and the Italian Society of Mountain Medicine. Eur Heart J 2018; 39: 1546-1554. doi: 10.1093/eurheartj/ehx720