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Prof. Dr. med. Sabine Brookman - May

 S.Brookman

Bildquelle: Prof. Dr. med. Sabine Brookman-May

Unsere ehrenamtliche Helferin Prof. Dr. med. Sabine Brookman-May schreibt hier regelmäßig über sportmedizinische Themen. Als Fachärztin für Urologie, Sportmedinzin und Tumortherapie ist sie in der klinischen Forschung und in der Lehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München tätig, daneben betreut sie Patienten urologisch, onkologisch und sportmedizinisch vor Ort in ihrer Praxis in Freising oder per Video-Sprechstunde www.art-uro.de.

Alpinsport mit Diabetes

Körperliche Aktivität ist relevant und trägt zu unserem Wohlbefinden bei, kann aber für Diabetiker zu einer echten Herausforderung werden. Das gilt umso mehr, je intensiver Sport bzw. Ausdauersport betrieben wird. Auch im Bereich des Alpinsports und vor allem dann, wenn es um hochalpinen Bergsport geht, müssen Diabetiker einige relevante Aspekte beachten, um ihren Blutzucker während und nach körperlicher Anstrengung weitgehend stabil zu halten und ihren Stoffwechsel so zu beeinflussen, dass es weder zu einer Hyperglykämie (zu hoher Blutzucker) noch zu einer Hypoglykämie kommt.

Generell ist es sinnvoll, sowohl bei Typ-1-Diabetes (sog. jugendlicher Diabetes mit einem Mangel an Insulin, dem blutzuckersenkenden Hormon) als auch bei Typ-2-Diabetes (sog. Alters-Diabetes mit einer Resistenz gegenüber Insulin, der aber zunehmend auch bei meist übergewichtigen Jugendlichen auftritt) sportlich aktiv zu sein. Körperliche Aktivität beeinflusst einerseits den Blutzuckerspiegel und die Kapazität, den Blutzucker zu regulieren, positiv und hilft andererseits auch, die Risikofaktoren zu reduzieren, die (neben genetischen Faktoren) die Entstehung eines Typ-2-Diabetes begünstigen (Übergewicht, erhöhter Körperfettanteil). Jahrelang schlechte Blutzuckerwerte können zu schweren Folgeerkrankungen führen, u.a. zu Nierenversagen, Schädigungen der Nerven und Augen, Herzinfarkt und Schlafanfall.

Typ 2 und Bergsport

Primär sollten Typ-2-Diabetiker zunächst versuchen, Übergewicht zu reduzieren und mit Hilfe von Ausdauersport und Muskelaufbau den Blutzuckerstoffwechsel positiv zu beeinflussen. Die wirkungsvollste Therapiemaßnahme, weit vor der medikamentösen Therapie, ist die Gewichtsreduktion. Wenn Diät und Bewegung nicht mehr ausreichend wirken, muss mit Medikamenten nachgeholfen werden. Bei Typ-2-Diabetikern zunächst mit Medikamenten, die den Blutzuckerspiegel durch unterschiedliche Mechanismen reduzieren (u.a. Verzögerung der Zuckeraufnahme aus dem Darm ins Blut, Steigerung der Sensitivität auf körpereigenes Insulin) und später mit Insulin, bei Typ-1-Diabetikern von Anfang an mit Insulin, das als körpereigenes Hormon in der Regel mehrmals täglich in das Unterhautfettgewebe injiziert wird. Wieviel Sport letztendlich empfehlenswert ist, ist individuell unterschiedlich und hängt auch vom Ausmaß der vorherigen körperlichen Aktivität ab. Bereits länger inaktive Diabetiker sollten sich vor der Aufnahme eines Trainings auf jeden Fall sportmedizinisch und/oder internistisch beraten lassen, u.a. auch, um weitere Risikofaktoren (z.B. Bluthochdruck) vor Trainingsbeginn zu normalisieren.

Generell ist jedes Mehr an Bewegung sinnvoll und zielführend; auch Alltagsaktivitäten können zu körperlicher Aktivität beitragen, u.a. Treppensteigen, zu Fuß oder mit dem Fahrrad einkaufen anstatt mit dem Auto usw. Wenn möglich, sollte aber immer auch zumindest ein leichtes Ausdauertraining angestrebt werden, beispielsweise 3-5x wöchentlich mindestens eine Stunde zügig spazieren gehen, Rad fahren oder schwimmen. Daneben ist natürlich auch Bergwandern eine weitere Option. In einigen Studien hat sich auch gezeigt, dass Bergsport (oder auch passives Hypoxie-Training) sogar zu einer mittelfristigen Verbesserung des Blutzuckerstoffwechsels mit Verbesserung des HbA1c-Wertes (eines Messwertes, die die längerfristige Blutzuckereinstellung anzeigt) führen kann.

 Alpin und hochalpin unterwegs mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes

Alpin und hochalpin unterwegs zu sein trotz einer Diabetes-Erkrankung schließt sich nicht aus. Selbst bei der Notwendigkeit einer Insulintherapie ist Bergsport bis in extreme Höhen machbar. Wichtig ist aber eine adäquate Vorbereitung und ausreichendes Wissen darüber, wie der eigene Körper auf körperliche Aktivität allgemein und insbesondere in der Höhe (möglicherweise) reagiert und welche medizinischen und medikamentösen Maßnahmen notwendig sind oder ggf. im Extremfall notwendig werden können.

Studien an Bergsportlern mit Diabetes zeigen, dass Blutzuckerspiegel und notwendige Insulininjektionen bzw. andere medikamentöse Maßnahmen individuell sehr variabel ausfallen, so dass sich keine allgemeinen Therapieregeln aufstellen lassen. Notwendig ist es, während der Aktivität regelmäßig den Blutzuckerspiegel zu bestimmen und ggf. die Dosis anzupassen, da sich in der Höhe Unterschiede zum Training in der gewohnten Umgebung ergeben können. Das Risiko einer Hyper- oder Hypoglykämie ist in der Höhe größer. Während einige Studien gezeigt haben, dass die übliche Insulindosis bis zu 50% reduziert werden muss, kamen andere zu dem Ergebnis, dass eine höhere Dosis notwendig sein kann. Wichtig ist jedoch auch zu wissen, dass Diät und körperliche Aktivität einen größeren Einfluss auf den Blutzucker haben als die Höhe, in der die Aktivität stattfindet. Daher kann empfohlen werden, dass Diabetiker ihren Körper, die Anpassungsmechanismen und notwendigen Anpassungen der Medikamentendosis am besten zunächst unter alltäglichen Aktivitäts- und Trainingsbedingungen kennenlernen sollten. Was in der Höhe oft noch dazu kommt, ist ein reduziertes Hungergefühl. Diabetiker sollten daher immer ausreichend kohlehydratreiche Nahrungsmittel mit sich führen, um einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel schnell entgegenwirken zu können. Daneben sollte zur Therapie eines Unterzuckers ggf. auch Glukagon mitgeführt werden.

Berücksichtigt werden muss auch, dass Blutzuckermessgeräte ggf. nicht für Messungen bei extremen Temperaturen ausgelegt sind, was zu Fehlbestimmungen führen kann. Daher sollten Messgeräte nah am Körper getragen werden (dies gilt auch für Insulin, das ansonsten einfrieren kann), ggf. in einer separaten Fleece-Hülle. Daneben gibt es spezielle Messgeräte, die für niedrige Temperaturen zugelassen und entsprechend getestet sind. Medikamente wie Paracetamol und Aspirin können außerdem zu veränderten Messergebnissen führen.

Insgesamt besteht bei Diabetikern kein erhöhtes Risiko für eine akute Höhenkrankheit (AMS – Acute Mountain Sickness). Die üblicherweise zur Vorbeugung verordneten Medikamente sollten jedoch nicht von Diabetikern eingenommen werden, da sie den Blutzuckerspiegel beeinflussen (z.B. Dexamethason, Diamox). Zudem können die Symptome der Höhenkrankheit denen einer Hypoglykämie sehr ähnlich sein (Schwindel, Kopfschmerzen, Benommenheit, Sehstörungen).

Vor einer hochalpinen Tour ist zudem eine augenärztliche Kontrolle anzuraten, um eine sog. diabetische Retinopathie auszuschließen, die sich unter alpinen Bedingungen verschlechtern kann.

Letztendlich sollten, wenn möglich, auch die Begleiter auf einer Bergtour über die Diabeteserkrankung im Bilde sein als auch wissen, wo sich welche Medikamente befinden, falls es zu einer hyper- oder hypoglykämischen Entgleisung kommt.

Generell gilt also: wer als Diabetiker in den Bergen unterwegs ist, muss gut vorbereitet sein und sollte seinen Körper und Blutzuckerstoffwechsel gut kennen. Nichtsdestotrotz spricht nichts gegen alpine Aktivität bis hin zu hochalpinem Bergsport in hohen (3000 bis 5000 hm) und extremen (< 5000 hm) Höhen, wenn eine entsprechende Vorbereitung erfolgt ist. Letztendlich ist es wichtig, dass jeder Diabetiker, der alpin unterwegs ist, weiß, welche Maßnahmen wann sinnvoll und notwendig sind. Sowohl das Management eines zu hohen als auch eines zu niedrigen Blutzuckerspiegels ist äußerst relevant.

Anpassung einer medikamentösen Therapie an körperliche Aktivität in der Höhe:

  • Sulfonylharnstoffe (z. B. Euglucon®,Amaryl®, NovoNorm®): Die Tablettendosis muss im Zusammenhang mit körperlicher Aktivität oft reduziert werden. Vor und nach der Aktivität sollte der Blutzucker gemessen werden, außerdem bei Wahrnehmung von Unterzuckerungs-Symptomen
  • Biguanide (z. B. Glucophage®), Resorptionsverzögerer (z. B. Glucobay®), Insulinsensitizer (z. B. Actos®): hier ist keine Dosisreduktion nötig, da keine Unterzuckerungs-Gefahr besteht
  • Bei gleichzeitiger Verwendung von Resoptionsverzögerern + Sulfonylharnstoffen/Insulin darf zur Behandlung von Unterzuckerungen nur reine Glukose (z. B. in Cola, Traubenzucker) verabreicht werden, jedoch keine Mehrfachzucker (z. B. Kekse, Schokolade, Obst etc.).
  • Insulin: Die Insulindosis muss ggf. angepasst werden, abhängig auch davon, ob kurz-, mittel- oder lang-wirksame Insuline verwendet werden.

Gelenkschonend Trekken, Hiken und Wandern

Gelenkschonend Trekken, Hiken und Wandern – Wie können Fehlbelastungen von Gelenken vermieden werden?

Trekking, Hiking und Wandern ist für alle Altersgruppen geeignet. Die körperliche Fitness wird gesteigert und die Aktivität wirkt sich positiv auf Blutdruck, Lungenfunktion und Herz-Kreislauf-System aus. Mangelnde Trittsicherheit, muskuläre Dysbalancen und Instabilität beim Gehen führen können jedoch zu einer Fehlbelastung der Gelenke mit nachfolgender Schädigung (u.a. Arthrose) führen.

Knie-, Sprung- und Hüftgelenke werden beim Gehen am stärksten belastet. Bei Bergtouren muss außerdem berücksichtigt werden, dass vor allem der Weg bergab Muskulatur und Gelenke belastet und in der Höhe durch den niedrigeren Sauerstoff-Druck die Muskulatur zudem schneller ermüdet. Wenn am Ende der Tour die Kräfte ausgehen, wird auch der Tritt unsicher. Damit steigt die Gefahr von Fehlbelastungen und akuten Verletzungen z.B. der Menisken, Bänder und Knochen. Falsche Abnutzung und Knorpelverletzungen können zu Arthrose führen und dauerhafte Einschränkungen nach sich ziehen.

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Durch eine entsprechende Vorbereitung lassen sich die Gelenke aber relativ einfach schonen. Den besten Schutz bietet eine gut trainierte Oberschenkel- und Rückenmuskulatur. Radfahren, Schwimmen und ausdauerndes Gehen bereiten Bein- und Rückenmuskulatur ideal vor. Vor einigen Jahren herrschte noch die Meinung, dass der Gelenkknorpel vor allem geschont werden muss, um langen Belastungen standzuhalten bzw. wenn bereits eine Arthrose besteht. Heute weiß man jedoch, dass der Knorpel gerade dann optimal ernährt wird und lange seine Funktion behält, wenn er ausreichend belastet wird. Gelenkknorpel sind in der Lage, auch schwere Belastungen lebenslang auszuhalten, ohne dass eine Funktionsstörung auftritt, solange die Belastung gleichmäßig erfolgt. Oberschenkelmuskulatur (für das Kniegelenk) und Rücken- und Bauchmuskulatur (für das Hüftgelenk und die Wirbelsäulengelenke) sollten ausreichend trainiert werden, um eine gute Gelenkstabilität beim Gehen zu gewährleisten. Zusätzlich kann das Knie geschont werden, indem beim Laufen eine gering gebeugte Haltung eingenommen wird, wodurch der Oberschenkel einen Großteil des Körpergewichts abfangen kann. Nebenbei bemerkt sind Knorpel- und Knochen belastende Tätigkeiten und Sportarten sowie Muskeltraining auch für einen guten Erhalt der Knochenstruktur auch bei Osteoporose sinnvoll.

Auch die Wahl des richtigen Schuhs ist wichtig. Dieser sollte eine feste, profilierte Sohle besitzen, die Fußgelenke stabilisieren und die Knöchel vorm Umknicken schützen. Allerdings ist im Vorfußbereich auch Flexibilität notwendig, damit Propriozeption (d.h. die Eigenwahrnehmung der Körperbewegung und -lage) und ausreichend Trittsicherheit gewährleistet sind. Neue Schuhe erhöhen das Verletzungsrisiko und sollten zunächst in möglichst ebenem Gelände eingelaufen werden. Mit der richtigen Lauftechnik (ganzes Aufsetzen des Fußes und komplettes Abrollen der Fußsohlen) werden die Gelenke adäquat belastet. Fersenlauf, Ballenlauf oder Mittelfußlauf sind ungünstig, weil hierbei die Belastung nur auf kleine Flächen verteilt wird.

Je nach gewählter Route kann es sinnvoll sein, Wanderstöcke zu verwenden: bei leichter Steigung entlasten zwei Stöcke den Bewegungsapparat gleichmäßiger; auf anspruchsvollen Strecken sollte dagegen im Falle eines Sturzes eine Hand frei sein. Die Entscheidung, Stöcke zu nutzen oder nicht, sollte immer individuell getroffen werden. Teilweise ist auch ein ausgeglichenes Gehen mir gleichmäßigerer Belastung möglich, wenn keine Stöcke verwendet werden.
Wandern ist auch trotz Übergewicht möglich und sinnvoll. Die Gelenke werden bei höherem Körpergewicht zwar stärker belastet; durch regelmäßige Ruhepausen kann der Halteapparat aber kurzfristig entspannt und die Gelenke entlastet werden. Solange die Bewegung funktionell richtig abläuft, stellt die Belastung für den Gelenkknorpel kein gravierendes Problem dar. Es gelten auch hier alle oben genannten Regeln: Stabilisierung durch Propriozeption, Muskeltraining, gutes Schuhwerk und richtiger Laufstil. Sinnvoll ist es natürlich auf jeden Fall, das Gewicht dauerhaft zu reduzieren – dann macht Bewegung mehr Spaß und ist weniger anstrengend.

 

Wichtige Maßnahmen, um Gelenke beim Gehen, Wandern, Walken, Hiken und Trekken zu schonen

  • Geeignetes Schuhwerk (adäquate Passform, rutschfestes Profil, guter Halt für die Fußgelenke, Flexibilität im Vorfußbereich)
  • Richtige Lauftechnik (komplettes Abrollen des Fußes, leicht federnde Schritte, minimal in den Knien gebeugte Haltung zur Belastung der Oberschenkelmuskulatur und Entlastung der Knie- und Hüftgelenke)
  • Adäquate Belastung der Rückenmuskulatur und Gelenke durch passende Rucksäcke (wichtig ist die richtige Anpassung der Schulter- und Beckengurte)
  • Regelmäßige Pausen (zur Erholung des Bewegungs- und Halteapparates)
  • Keine Überforderung (langsame Steigerung des Pensums)
  • Propriozeptions-Training (Wahrnehmung der Fußstellung; z.B. mit Wackelbrett, Trampolin etc.)
  • Muskelaufbautraining für Oberschenkel, Rücken- und Bauchmuskulatur
  • Ggf. Verwendung von Wanderstöcken

 In diesem Sinne – euch allen eine gute Zeit!

Eure Sabine

PD Dr. med. Sabine Brookman-May
Fachärztin für Urologie, Medikamentöse Tumortherapie und Sportmedizin
www.art-uro.de

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Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bergsport

Für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird eine regelmäßige körperliche Betätigung empfohlen, und ist eine der wesentlichen Bestandteile der Therapie. Meist raten die behandelnden Ärzte zu moderaten Bewegungsarten wie Walking und gemäßigtem Radfahren, die die Herzaktivität nur gering steigern. Was ist jedoch mit anderen Sportarten, u.a. Bergsport? Muss eine Herzpatientin oder ein Herzpatient, der die Berge liebt, Bergwandern oder Bergsteigen von seiner Liste streichen? Ein Gremium aus europäischen Kardiologie-Verbänden und italienischen Medizinern hat diese Frage nun weiter untersucht und eine Vielzahl von Studien evaluiert, die die Auswirkung von körperlicher Anstrengung in Höhenlagen auf Herzkranke untersucht haben.*

Die buchstäbliche, dünne Luft ab etwa 2.500 Metern verlangt dem Herz-Kreislauf-System aufgrund des abnehmenden Sauerstoffgehalts einige Ausgleichsmechanismen. Um ausreichend Sauerstoff zu beziehen, müssen in der Höhe Herz und Atmung verstärkt arbeiten. Bei schwerer Herzerkrankung kann daraus im schlechtesten Fall z.B. ein Lungenödem oder ein akutes Herzversagen resultieren. Die an der Auswertung der Studien beteiligten Experten sind sich jedoch einig: Wenn Bergsteigen vernünftig und unter Ausschluss von persönlichen Risikofaktoren betrieben wird, kann es auch für Herzpatienten als förderliche Sportart angesehen werden. Ihre Empfehlungen richten sich an die häufigsten Koronar-Patientengruppen:

Bei Herzinsuffizienz:
Kürzere Höhenaufenthalte sind bei leichter bis mäßiger Anstrengung für Patienten der NYHA (New York Heart Association)-Klassen I–III fast immer ungefährlich. Eventuelle Begleiterkrankungen sollten aber vorher unbedingt abgeklärt werden. Wichtig ist, dass ab ca. 2.500 m nur langsam aufgestiegen werden sollte (pro Tag max. 500 m). Für Patienten mit NYHA I–II sind Höhen bis 3.500 m sicher; für Patienten mit NYHA III Höhen bis 3.000 m; Patienten mit NYHA IV sollten extreme Höhenlagen meiden. Vor einer Bergtour sollte außerdem überprüft werden, ob Medikamente eingenommen werden, die ggf. Wechselwirkungen mit der Höhenkompensation aufweisen. So können z.B. Angiotensin Rezeptorblocker und ACE-Hemmer den in der Höhe notwendigen Hämatokrit-Anstieg und die Sauerstoffbindekapazität abschwächen.

Bei ischämischen Herzkrankheiten (z.B. koronare Herzkrankheit, Z.n. Herzinfarkt):
Trainierte Patienten mit geringem Risiko können unter bestimmten Bedingungen von mäßiger Anstrengung in Höhenlagen profitieren. Für sogar auf Normalhöhe untrainierte Patienten wird dagegen von Bergsport abgeraten. Vorsicht geboten ist in den ersten 6 bis 12 Monaten nach einem Herzinfarkt, einer Bypass- oder Stent-Operation. Hier muss unbedingt vorab die Medikation überprüft werden (insbesondere Blutgerinnungshemmung nach Stentimplantation). Bei nur leichter koronarer Herzerkrankung sind Höhen bis 4.200 m bei niedriger bis moderater Anstrengung sicher, bei moderater Erkrankung Höhen bis 2.500 m bei maximal leichter Anstrengung, während bei ausgeprägter Erkrankung extreme Höhenlagen komplett vermieden werden sollten.

Bei Bluthochdruck:
Fast alle ausreichend trainierten Bluthochdruckpatienten dürfen Bergsteigen. Wichtig ist, dass der Blutdruck mit Medikamenten gut eingestellt ist; eine regelmäßige Blutdruckkontrolle sollte erfolgen. Bei mäßigem, gut eingestellten Bluthochdruck sind Höhen bis 4.000 m sicher, oberhalb 4.000 m sollte vorab eine kardiologische Untersuchung und Empfehlung erfolgen; bei schwerem, nicht gut eingestellten Bluthochdruck sollten extreme Höhenlagen vermieden werden. Medikamente sollten immer hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen im Hinblick auf die Höhenakklimatisierung überprüft werden.

Bei Herzrhythmusstörungen:
Wenn der gesundheitliche Zustand insgesamt gut ist, können Patienten mit Herzrhythmusstörungen bei mäßiger bis moderater Anstrengung bergsteigen. Dies gilt auch z.B. nach der Implantation eines Schrittmachers. Liegen ernste Herzrhythmusstörungen (insbesondere der Herzkammer) vor, sollten Höhenlagen über 3.000 m bis 3.500 m aber nicht überschritten werden. In diesem Sinne euch allen eine gute Zeit und viel
Freude bei euren Bergaktivitäten!
Eure Sabine


* Referenz: 1. Parati G, Agostoni P, Basnyat B, Bilo G et al. Clinical recommendations for high altitude exposure of individuals with pre-existing cardiovascular conditions: A joint statement by the European Society of Cardiology, the Council on Hypertension of the European Society of Cardiology, the European Society of Hypertension, the International Society of Mountain Medicine, the Italian Society of Hypertension and the Italian Society of Mountain Medicine. Eur Heart J 2018; 39: 1546-1554. doi: 10.1093/eurheartj/ehx720

Höhenmedizin

HÖHENBERGSTEIGEN UND AKKLIMATISIERUNG

Höhenbergsteigen hat sich in den letzten Jahren zu einem wahren Boom entwickelt und immer mehr Bergfans suchen diese Herausforderung. Doch ab welcher Höhe ist eigentlich eine Akklimatisierung notwendig? Brauchen wir diesen Prozess auch schon in den Alpen? Was geschieht während des Bergsteigens bzw. der Akklimatisierung in unserem Körper und welche Regeln sollten unbedingt beachtet werden?

 

AKKLIMATISIERUNG - Wie, wann, warum und in welcher Höhe?

In der Höhe wird nicht der Sauerstoffanteil in der Luft geringer, vielmehr bleibt der relative Anteil an der Luftmenge mit 21% gleich. Mit zunehmender Höhe nehmen jedoch Luftdruck und damit auch Luftdichte ab, so dass bei gleichem Volumen an eingeatmeter Luft weniger Sauerstoffmoleküle (aufgrund des geringeren Drucks) verfügbar sind.

In der Höhenmedizin teilt man das Gebirge in verschiedene Höhenzonen ein. Wo liegt hierbei der Schwellenwert, ab dem einen Akklimatisierung notwendig ist? Die klare Antwort lautet: ab einer Höhe von 2.500 Metern über Null wird eine Akklimatisierung empfohlen.

Die folgenden Höhenzonen werden unterteilt:

  • Bis 3.000 Hm – mittlere Höhe: Schwellenhöhe bei 2.500 Hm; ab dieser Höhe ist eine Akklimatisierung nötig

 

  • 000 bis 5.000 Hm – große Höhe: hier sollte eine vollständige Akklimatisierung erfolgen

 

  • 000 bis 7.500 Hm – sehr große Höhe: in dieser Höhenlage ist nur noch eine unvollständige Anpassung möglich

 

  • Über 7.500 Hm – sogenannte Todeszone: durch akuten Kraftverlust sind hier nur kurze Aufenthalte möglich

 

 

HÖHENTAUGLICHKEIT

Wovon hängt es ab, ob jemand höhenkrank wird oder nicht? Allgemein reagiert jeder Mensch in der Höhe unterschiedlich, weswegen es einige individuelle Faktoren gibt, die die Höhentauglichkeit beeinflussen:

  • Aktueller Gesundheitszustand

 

  • (Genetische) Disposition

 

  • Ausmaß der Atemsteigerung (vermehrtes Luftholen) bei vermindertem Sauerstoff-Partialdruck (Hypoxie)

 

  • Ausmaß der Lungengefäßdruckerhöhung bei Hypoxie

 

  • Psychovegetative Verfassung (z. B. können Angst oder Stress die Anpassungsfähigkeit beeinflussen)

 

Oft wird vermutet, dass Ausdauerleistungsfähigkeit, Geschlecht oder Alter eine Rolle spielen. Dieser Aussage muss jedoch klar widersprochen werden – Probleme bei der Höhenanpassung können selbst mit einer sehr guten Ausdauer nicht kompensiert werden. Dennoch ist ein guter Trainingszustand wichtig, da in der Höhe die Leistungsfähigkeit um ca. 10% je 1.500 Hm abfällt.

Die folgenden Kriterien sollten für eine gute Akklimatisierung beachtet werden:

  • Hoch steigen – tief schlafen - „Climb high - sleep low“

 

  • Nicht zu schnell zu hoch steigen - „Don’t go too high too fast“

 

  • Anaerobe (stärkere) Anstrengungen sollten in der Anpassungsphase vermieden werden

 

  • Möglichst keine Aufstiegshilfen benutzen

 

  • Nicht weiter aufsteigen, solange die Symptome nicht besser werden - „Don’t go up until symptoms go down“

 

  • Sobald Frühzeichen einer Höhenkrankheit bemerkbar sind, nicht weiter aufsteigen

 

  • Immer auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr denken (Gefahr einer Thrombose bzw. Erfrierung wird dadurch gesenkt). Dabei auch insbesondere auf kohlenhydratreiche Ernährung achten, um die Energiespeicher entsprechende aufzufüllen

Wenn Ruhepuls und die Ausdauerleistung wieder ungefähr auf dem Niveau von zu Hause sind, kann man davon ausgehen, dass eine adäquate Akklimatisierung stattgefunden hat. Die Atmung sollte in Ruhe als auch bei Belastung vertieft und nachts periodisch sein. Ausreichend Flüssigkeit sollte zudem ausgeschieden werden (sog. Höhendiurese). Eine verringerte Ausscheidung kann ein Zeichen von Adaptionsstörungen sein.

Schaut man sich die dokumentierten Fälle an Höhenerkrankungen infolge eines gestörten Akklimatisierungsprozesses an, kann klar die Empfehlung gegeben werden, dass jeder (Höhen-) Bergsteiger zumindest grob Bescheid wissen sollten, welche Risiken wann bestehen. Allein das Aufreten einer milden akuten Höhenkrankheit liegt laut der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin bei 30 bis 50%. Und bereits in den Alpen, auf einer Höhe zwischen 2500 und 3000 Hm leiden ca. 9% der Bergsteiger unter der milden Höhenkrankheit, auf 3.650 Hm sind es nahezu ein Drittel.

ANPASSUNGSMECHANSIMEN

Die Anpassungen des Körpers, die in der Höhe stattfinden, sind relativ komplex. Zum Einen kommt es zur vermehrten Bildung roter Blutkörperchen durch eine vermehrte Produktion von Erythropoetin. Daneben treten zahlreiche weitere Mechanismen in Gang. Anfangs kommt es zu einer gesteigerten und vertieften Atmung mit dem Ziel, mehr Sauerstoff aufzunehmen. Das Herz vergrößert seine Pumpleistung; der Puls wird beschleunigt, das Herzzeitvolumen steigt. Erst mit Verzögerung vermehren sich die roten Blutkörperchen, die den Sauerstoff transportieren. Dieser positive Effekt hat allerdings den Nachteil, dass es dadurch auch zu einer „Eindickung“ des Blutes und damit zu einer Thromboseneigung kommen kann. Für Herz und Kreislauf bedeutet dies eine Mehrbelastung; auch die Gefahr von Erfrierungen steigt.

Die fünf goldenen Akklimatisierungsregel (nach: „HIMALAYAN RESCUE ASSOCIATION, NEPAL“)

1.) Jeder Mensch kann höhenkrank werden, aber niemand muss daran sterben

2.) Jede Gesundheitsstörung ist im Zweifelsfall höhenbedingt

3.) Nur symptomfrei höher steigen

4.) Bei Verschlechterung sofort absteigen

5.) Höhenkranke niemals allein lassen

HÖHENKRANKHEITEN

Folgende Krankheitsbilder werden im Rahmen der Höhenkrankheit unterschieden:

 

AMS (Acute Mountain Sickness) – sog. milde akute Höhenkrankheit

Beschwerden treten ca. sechs bis 48 Stunden nach dem Aufstieg auf, in sehr seltenen Fällen bereits nach ca. einer Stunde. Die Symptome verschwinden bei entsprechender Therapie innerhalb von 24 bis 48 Stunden wieder vollständig.

Symptome:

  • Kopfschmerz (Leitsymptom)
  • Müdigkeit, Schwäche, Apathie
  • Appetitlosigkeit, Übelkeit
  • Schlaflosigkeit
  • Wassereinlagerungen an Armen und Beinen (periphere Ödeme)
  • Deutliche Verringerung der Urinmenge (Flüssigkeitsretention)

 

 HAPE (High Altitude Pulmonal Edema) – Höhenlungenödem

Im Vorfeld des HAPE können ggf. auch die Symptome der milden akuten Höhenkrankheit (AMS) auftreten. Ein beginnendes Lungenödem kann sich am Anfang auch durch starke Müdigkeit, Atemnot und trockenen Husten zeigen. Das wichtigste Leitsymptom ist der plötzliche Leistungsabfall: für gleiche Strecken wird auf einmal die mehrfache Gehzeit benötigt und trotz Pausen kommt es zu keiner Erholung.

Symptome:

  • Plötzlicher Leistungsabfall (Leitsymptom)
  • Anfangs Atemnot bei Anstrengung, später auch in Ruhe
  • Pulsanstieg
  • Trockener Husten (später: mit blutigem, schaumigem Auswurf); Rasselgeräusche in der Lunge
  • Brennender Druck hinter dem Brustbein
  • Erbrechen
  • Fieber
  • Urinmenge der letzten 24 Stunden: unter 0,5 l
  • Blaufärbung der Haut

Unbehandelt kann das Höhenlungenödem in weniger als einem Tag zum Tod infolge Lungenembolie führen. Daher sollte ein Bergsteiger mit HAPE möglichst schnell in tiefere Lagen gebracht werden; meist gehen die Symptome dann schnell zurück – HAPE ist also vollständig reversibel, wenn richtig gehandelt wird. Ggf. kann nach einigen Erholungstagen dann auch wieder mit einem Aufstieg begonnen werden. 44% der unbehandelten HAPE-Patienten sterben dagegen an den Folgen der Erkrankung.

HACE (High Altitude Cerebral Edema) – Höhenhirnödem

Das Gute am Höhenhirnödem: es tritt nicht ohne Vorwarnung auf; 12 bis 24 Stunden vorher treten zunächst die Symptome der leichten Höhenkrankheit auf. Diese sollten also nicht negiert werden, auch wenn es nie schön ist, eine lang geplante Tour abzubrechen. Damit ist das Auftreten eines Hirnödems vermeidbar. Werden diese Frühsymptome aber verleugnet, kann sich im weiteren Verlauf ein HACE entwickeln.

Symptome:

  • Gang- und Stehunsicherheiten (Ataxie) – Leitsymptom
  • Schwerste medikamentenresistente Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Übelkeit, Erbrechen
  • Halluzinationen, Sehstörungen
  • Fieber
  • Koma
  • Vernunftwidriges Verhalten
  • Urinmenge der letzten 24 Stunden: unter 0,5 l

Es gibt weitere Krankheitsbilder, die aber in der Regel harmlos sind, dennoch aber als mögliche Warnhinweise für einen nicht ganz reibungslosen Akklimatisierungsprozeß angesehen werden sollten:

  • HALE (High Altitude Local Edema) – peripheres Höhenödem
  • HARH (High Altitude Retinal Haemorrhage) – Netzhautblutungen

 

Jeder Bergsteiger sollte zumindest grob Bescheid wissen über die Anpassungsmechanismen der Körpers in der Höhe und die möglichen Symptome der Höhenkrankheit. Auch wenn die Höhenkrankheit dadurch (sowie durch Training, vorbeugende Maßnahmen usw.) nicht gezeilt beeinflussbar bzw. vermeidbar ist, so kann im Fall einer Adapatationsstörung zumindest richtig und vernünfig gehandelt werden.

Wer sich weiter mit dem Thema Höhenmedizin und Akklimatisierung befassen will, dem seien die folgenden (auch für den Laien, zumindest überwiegend, verständliche) Bücher empfohlen:

  • Bergmedizin Expeditionsmedizin pocket: Von Tagesausflug bis Himalaya-Expedition! (pockets; 2016) von Berend Feddersen und Harald Ausserer. Taschenbuch; EUR 18,99 - Auch für den Laien verständlich erklärt und damit ein Muss für jede Bergtour.

    Inhalt:

    • Akute Höhenkrankheit: Vorbeugung, Symptome, Behandlung - Symptome in der Höhe: Erkennen, Zuordnen, Therapieren
    • Erste Hilfe: Klare Handlungsanweisungen - Verbände: Schritt für Schritt anlegen
    • Praktisch: Die wichtigsten Knoten, Skitour planen, Lawinenrettung, Hubschraubereinweisung - Internationale
    • Handliches und outdoortaugliches Taschenformat. Laut Reinhold Messner: „Gehört in jeden Rucksack

     

  • Alpin- und Höhenmedizin (12. Juni 2015) von Franz Berghold und Hermann Brugger. Gebundene Ausgabe; EUR 68,08 Alpinexperten aus dem deutschen Sprachraum (Schweiz, Deutschland, Österreich, Südtirol) geben in diesem Buch einen umfassenden Überblick über die Sport- und Unfallmedizin im Gebirge sowie zur Höhenmedizin. U. a. beleuchten sie Themen wie Training, Ernährung, Steigtaktik, Kinder, Schwangere und chronisch Kranke am Berg. Die moderne Rettung aus Bergnot wird ebenso behandelt, wie der Aufstieg in die großen und extremen Hochgebirge bis hin zum Gipfel des Mount Everest. Das Fachbuch wendet sich an Sportmediziner, Notfallmediziner, Ersthelfer und andere Ärzte und an generell Interessierte, die eines gemeinsam haben: die Liebe zur Welt der Berge.

 

  • Kopfwehberge: Eine Geschichte der Höhenmedizin Gebundene Ausgabe  (1. Februar 2011) von Oswald Oelz und Elisabeth Simons (Vorwort von Reinhold Messner). Gebundene Ausgabe; EUR 26,80.  Die akute Bergkrankheit stellt heute eine der grössten Gefahren und die häufigste Todesursache bei Bergtouren in grosser Höhe, etwa im Himalaya da. Im Extremfall können die durch den Sauerstoffmangel herbeigeführten Veränderungen im menschlichen Körper innerhalb weniger Stunden zum Tod führen. Dieses medizin-historische Sachbuch erzählt in einer auch für den Laien verständlichen Sprache und mit vielen Illustrationen die Geschichte der Entdeckung und Erforschung des Phänomens von den Anfängen in der Antike bis in die Gegenwart.

                     

                  


      

    

In diesem Sinne – viel Freude bei Eurer nächsten Bergtour!

 

Eure Sabine

Kryotherapie - kann Kälte Regeneration und Leistung im Sport steigern?

Kaltes Wasser wird seit vielen Jahrhunderten therapeutisch genutzt. Was mit Kälteanwendungen im Rahmen antiker Thermotherapien, später dann bei der Kneipp-Therapie, beim Saunabaden und weiteren Anwendungen begann, wird mittlerweile systematisch angewandt. Die heutige Anwendungsform mit Ganzkörperkälteexposition (Kältekammer) und Eintauchen in kaltes Wasser (Kaltwasserimmersionen) wurde in den 1980ern in Japan zunächst zur Behandlung von Rheuma eingeführt, um krankheitsbedingte Schmerzen des Bewegungsapparats zu lindern. Neben medizinischen Anwendungsfeldern wie bei Gelenkerkrankungen, chronischen Schmerzen oder Verletzungen wird die Ganzkörperkältetherapie heute zunehmend als Wellnessanwendung oder im sportlichen Bereich zur Leistungssteigerung und Regeneration angewandt und unter verschiedenen Bezeichnungen (z.B. Wim-Hof-Methode) stark promotet.

Doch was steckt hinter dem Hype? Sind Kälteanwendungen sinnvoll und fördern Regeneration und Leistungsfähigkeit oder ist die Kältetherapie mehr Schein als Sein bzw. kann sie evtl. sogar schaden?

WELCHE WIRKUNG HAT KÄLTE AUF DEN KÖRPER?

Unterschieden wird prinzipiell zwischen lokalen Anwendungen und Ganzkörperkryotherapie. Bei einer lokalen Kälteanwendung ziehen sich die oberflächlich liegenden Gefäße und bei längerer Anwendungsdauer auch die in darunter liegenden Schichten zusammen, sodass die Durchblutung vermindert wird; Ödeme und Entzündungsreaktionen werden reduziert. Starke Kälte stellt zunächst einen Stressfaktor für den menschlichen Organismus dar, der physiologische Reaktionen hervorruft und langfristig gesehen zu Anpassungserscheinungen führt. Mit zunehmender Abkühlung werden Gewebe weniger schmerzempfindlich, was u.a. zu einer Reduktion der anfänglich zunehmenden Muskelspannung führt.

Die Ganzkörper-Kryotherapie erfolgt in speziellen Kältekammern, die im Temperaturbereich zwischen -60°C und -150°C arbeiten (meistens -110°C bei zwei bis drei Minuten). Im Gegensatz zu lokal angewendeten Kältebehandlungen beeinflusst die Ganzkörperkryotherapie den gesamten Organismus und ruft durch Nervenreflexe eine ganze Reihe von Reaktionen hervor. Zunächst kommt es zu kurzzeitigen, bis zu mehreren Stunden anhaltenden Reaktionen. Durch die extreme Kälte sinkt die Temperatur der Hautoberfläche auf Werte um ca. 5°C ab. Durch diesen „hellen Schmerz“ wird der „dumpfe Schmerz“ von Verletzungen, chronischen Entzündungen oder Verspannungen überlagert, da die Kälteeinwirkung die Schmerzleitung blockiert. Diese Schmerzbefreiung kann bis zu einigen Stunden nach der Behandlung anhalten und bei wiederholter Anwendung zu langfristiger Schmerzlinderung bzw. -befreiung führen. Daneben kommt es zu Reaktionen des Immunsystems mit entzündungshemmender Wirkung, weswegen die Kryotherapie bei chronischen Entzündungen, Rheuma, Neurodermitis und Schuppenflechte angewandt wird.

WAS KANN KRYOTHERAPIE IM SPORT LEISTEN – LEISTUNGSSTEIGERUNG & SCHNELLERE REGENERATION?

Eine der grundlegenden Überlegungen, warum Kryotherapie auch im Sport sinnvoll sein kann, beruht auf der Thermoregulation, also der körpereigenen Regulation von Wärmeproduktion und -abgabe. Bei einem Wärmeüberschuss infolge von Sport wird unsere Peripherie, also Arme und Beine und vor allem die Haut, stärker durchblutet, um die Körperkerntemperatur stabil zu halten. Insbesondere im Ausdauersport muss die durch längerfristige körperliche Arbeit erzeugte Wärme mit erheblichem regulatorischem Aufwand heruntergekühlt werden. Bei intensiven Ausdauereinheiten braucht unser Körper dazu ca. 75% der Energie für die Kühlung, sodass also nur noch 25% für die eigentliche muskuläre Arbeit zur Fortbewegung zur Verfügung stehen.

Welchen Beitrag können nun Kältebehandlungen zur sportlichen Leistungsfähigkeit beitragen? In verschiedenen Studien wurden Kryotherapien in Form von Kühlwesten, die während der Erwärmung und/oder in kurzen Belastungspausen getragen wurden, oder als Pre-Cooling in Kältekammern getestet. Zu den Ergebnissen mancher Studien zählen u.a. niedrigere Laktatwerte während der Ausdauerbelastung infolge gesteigerter Mikrozirkulation sowie niedrigere Herzfrequenzen, wodurch es teilweise zu besseren Leistungen im Vergleich zu Testgruppen ohne kryotherapeutische Maßnahmen kam. Zudem scheinen sich kleine Mikrotraumata nach hohen körperlichen Belastungen durch Kälte und reaktiv verbesserte Durchblutung gelindert werden. Dadurch erholt sich ein beanspruchter Muskel insgesamt rascher. Außerdem reagiert der Körper auch mit einer Mobilisation von Abwehrkräften und Ausschüttung von Endorphinen (den sog. Glückshormonen). Viele Sportler berichten zudem von positiven Effekten einer Kryotherapie als regenerative Maßnahme. In einer Metaanalyse mit Kälteanwendungen als Regenerationsmaßnahme zeigten sich neben dem subjektiv verbesserten Wohlbefinden auch eine geringere Muskelermüdung sowie weniger Muskelschmerzen nach Kältetherapien (1). Während das subjektive Empfinden von Sportlern positiv sein kann und auch die mentale Stimulation der Leistungsbereitschaft durch Kältetherapie gefördert werden kann, ist die leistungssteigernde Wirkung der Tiefkälte wissenschaftlich jedoch nicht eindeutig belegt. Mehrere Studien haben mittlerweile außerdem auch über negative Effekte bezüglich Regeneration und Leistungsfähigkeit hingewiesen bzw. darauf, dass der Effekt nicht größer als ein Placeboeffekt ist. 

Die Ergebnisse zu den Auswirkungen von regelmäßigem Eintauchen in kaltes Wasser nach Ausdauer- oder hochintensivem Intervalltraining auf aerobe Kapazität, Laktatschwelle und Leistung sind mehrdeutig:

Mögliche positive Aspekte:

Mögliche negative Aspekte

Keiner oder kein eindeutiger positiver oder negativer Einfluss:

 

·         In einer Studie aus dem Jahr 2014 verbesserten KWI (Kaltwasserimmersionen) mit 10–15 min Eintauchen bei 10–15 °C während intensiver Trainings- und Wettkampfphasen die akute und nachfolgende Erholung in Bezug auf die Trainingsleistung und das Wohlbefinden (2).

·         In mehreren Studien wurde auch gezeigt, dass Kryotherapie einen positiven Einfluss auf Schlafarchitektur und damit auch indirekt auf die Erholung haben kann (3).

·         In einer weiteren Studie zeigte sich, dass KWI hilft, die Sprintleistung an aufeinanderfolgenden Trainingstagen aufrechtzuerhalten, während die Auswirkungen auf die Herzratenvariabilität variabel und von der vorherigen Trainingsintensität abhängig war (4).

·         In einer Studie an Weltklasse-Bahnradfahrern zeigte sich, dass KWI zu einer verminderten Leistung bei wiederholtem Maximaltraining während einer 4000-m-Einzelverfolgung führte; auch KWI während der Erholungsphase verbesserte die nachfolgende Leistung nicht (5).

·         Ganzkörperkryotherapie im Vergleich zu KWI hatte einen negativen Einfluss auf die Muskelfunktion, die Wahrnehmung von Muskelkater und eine Reihe von Blutparametern. Zudem war die Kryotherapie bei der Verbesserung der funktionellen Erholung oder der Wahrnehmung von Trainingsstress nach einem Marathon nicht wirksamer als eine Placebo-Intervention (6).

·         In einer Studie an Radsportlern war das Eintauchen in kaltes Wasser teilweise sinnvoll in der akuten Erholung vom Training, es kam jedoch teilweise auch zu einer langfristigen Beeinträchtigung der Leistung im Vergleich zu einer rein passiven Erholung. Die Autoren vermuten, dass KWI die Reize abschwächt, die für die Anpassung an das Training verantwortlich sind. (7).

·         Einmalige KWI nach Ultra-Ausdauer beeinflussten zwar die absolute Anzahl von Immunzellen akut positiv vs. einer Kontrollgruppe, es zeigte sich aber kein Einfluss auf die Erholung nach 24 und 48 Stunden (8,9).

·         Ausgewählte Studien zeigten keinen Effekt von KWI auf die Leistungen eines Ausdauertrainings (Zeitfahren): weder die maximale aerobe Leistung noch die Zeitfahrleistung zeigten eine Verbesserung; eine Verschlechterung wurde allerdings auch nicht gezeigt (10).

Auch bezüglich Krafttraining - Muskelzuwachs und Leistungsfähigkeit - existieren zunehmend Hinweise, dass Kryotherapie den Zuwachs an Muskelmasse und Kraft abschwächen kann. Zuverlässige Beweise für eine Zunahme der Blutgefäßversorgung und der Energieversorgung im Muskel als Reaktion auf Kryotherapie existieren derzeit nicht:

  • Eintauchen in kaltes Wasser während der Erholung von einem Widerstandstraining verringerte die Kapazität des Muskels, Proteine aus der Nahrung aufzunehmen; zudem wurde die Proteinsyntheserate während eines verlängerten Krafttrainings verringert (11).
  • Ein negativer Effekt von Kaltwasserimmersionen wurde im Zusammenhang mit Widerstandstraining für das Maximum an Wiederholungen, die maximale isometrische Kraft und die Kraftausdauerleistung nachgewiesen. Die regelmäßige Anwendung von KWI in Verbindung mit Trainingsprogrammen wirkte sich nachteilig auf die Anpassungen von Krafttraining aus (12). Allerdings scheinen spezielle Programme die Muskelglykogenresynthese (also das Auffüllen des Muskels mit Glykogenreserven) einige Stunden nach dem Training nicht zu beeinträchtigen (13).

An aussagekräftigen Studien zu Krafttraining und Kryotherapie mangelt es derzeit allerdings. Es kann ggf. Umstände geben, unter denen Kaltwasseranwendungen nach einem Krafttraining von Vorteil sein könnte, z.B. Hochfrequenztrainings oder bei kälteakklimatisierten Personen (14).

KANN UNS KÄLTETHERAPIE INGESAMT FITTER UND WIDERSTANDSFÄHERIGER MACHEN?

Auch wenn die Datenlage insbesondere zu einer Leistungssteigerung sowohl im Ausdauer- als auch Kraftsport derzeit dürftig ist, so kann Kaltwassertherapie durchaus einen positiven Einfluss auf unsere generelle Fitness und unsere Immunsystem haben. In einer Studie wurde gezeigt, dass infolge regelmäßiger kalter Duschen oder heiß-kalter Duschen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe eine 29%ige Reduktion der krankheitsbedingten Fehlzeiten erzielt wurde. Die Dauer der Kaltwasserduschen war für diese Reduktion nicht entscheidend – jegliche Dauer zwischen 30 und 90 Sekunden war zielführend. Die stärkste physiologische Reaktion auf kaltes Wasser wurde während der ersten 30 Sekunden beobachtet, und die Schnelligkeit deutet darauf hin, dass sie eher durch neurogene Wege (also Nervenreaktionen) als durch zirkulierende Hormone initiiert wird (15).

JA WAS DENN JETZT…?

Kryotherapie für die Erholung nach dem Training hat sich in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt, aber es fehlt an überzeugenden wissenschaftlichen Beweisen für eine tatsächliche Leistungssteigerung. Bisherige Studien haben teilweise positive Ergebnisse mit verbesserter Regeneration nach Sport gezeigt. Es gibt jedoch mittlerweile auch Studien, die darauf hinweisen, dass die Kryotherapie entweder keinen oder einen negativen Einfluss auf die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit hat. Die Auswirkungen der Kühlung auf die Trainingsleistung und -anpassung sind zudem individuell unterschiedlich und von vielen Faktoren beeinflusst, u.a. Dauer, Ausmaß und Zeitpunkt des Kälteeinflusses, individuellen Reaktionen und Art der Aktivität.

Basierend auf aktuellen Studien sollte die Kryotherapie nach Kraftsport eher vermieden werden. Der Einsatz von Kältetherapie sollte unmittelbar nach dem Krafttraining vermieden werden und Kühlung zur Konditionierung der Skelettmuskulatur als Teil der Erholungsstrategie sollte überdacht werden, da das Eintauchen in kaltes Wasser die Proteinsynthese beeinträchtigen kann.

Nach Ausdauersport ist die Datenlage zwiespältig: Kryotherapie zur Regeneration scheint sinnvoll zu sein; eine signifikante Leistungssteigerung über die verbesserte, auch subjektive empfundene Regeneration sollte jedoch – zumindest anhand der derzeit in Studien getesteten Protokolle - nicht erwartet werden. Die Ergebnisse einiger Studien liefern zudem Hinweise darauf, dass der Behandlungsglaube und der Placebo-Effekt weitgehend für die positiven Auswirkungen der Kryotherapie auf die Regeneration verantwortlich sein können.

Unbestritten ist jedoch, dass Kryotherapie subjektiv das Befinden bessern kann, was wiederum unabhängig von objektiven und messbaren Studienparametern auch zu gesteigerter Regeneration, Schmerzreduktion und Motivation und damit auch zu besserer Leistungsfähigkeit führen kann. Auf Kryotherapie reagiert der Körper zudem mit einer Mobilisation von Abwehrkräften und der Ausschüttungen von Endorphinen. Die meisten Sportler berichten zudem auch von subjektiv positiven Effekten einer Kryotherapie als regenerative Maßnahme, was gerade im Leistungssport von großer Bedeutung ist.

Fakt ist: Viele genießen Kälte nach körperlicher Anstrengung, sei es im Rahmen von Saunagängen mit Kaltwasserbecken, Eisbaden oder einfach nackt im Schnee liegen.

In diesem Sinne, viel Spaß in der Kälte!

Eure Sabine

Referenzen

  1. Wegmann M et al. Pre-cooling and sports performance: a meta-analytical review. Sports Med. 2012 Jul 1;42(7):545-64
  2. Halson SL, et al. Hilft oder behindert die Hydrotherapie die Trainingsanpassung bei Radsportlern? Med Sci Sports Exerc. 2014;46(8):1631–1639
  3. Chauvineau M et al. Effect of the Depth of Cold Water Immersion on Sleep Architecture and Recovery Among Well-Trained Male Endurance Runners. Front Sports Act Living. 2021 Mar 31
  4. Stanley J et al. Consecutive days of cold water immersion: effects on cycling performance and heart rate variability. Eur J Appl Physiol. 2013 Feb;113(2):371-84
  5. Christensen P et al. Influence of Prior Intense Exercise and Cold Water Immersion in Recovery for Performance and Physiological Response during Subsequent Exercise. Front Physiol. 2016 Jun 28;7:269
  6. Wilson L et al. Recovery following a marathon: a comparison of cold water immersion, whole body cryotherapy and a placebo control. Randomized Controlled Trial Eur J Appl Physiol. 2018 Jan;118(1):153-163
  7. Halson S et al. Does hydrotherapy help or hinder adaptation to training in competitive cyclists? Randomized Controlled Trial. Med Sci Sports Exerc. 2014 Aug;46(8):1631-9
  8. Bartley J et al. Effects of cold water immersion on circulating inflammatory markers at the Kona Ironman World Championship. Appl Physiol Nutr Metab. 2021 Jul;46(7):719-726
  9. Stearns R. et al. Influence of cold-water immersion on recovery of elite triathletes following the ironman world championship. Randomized Controlled Trial. J Sci Med Sport. 2018 Aug;21(8):846-851
  10. Malta E. et al. The Effects of Regular Cold-Water Immersion Use on Training-Induced Changes in Strength and Endurance Performance: A Systematic Review with Meta-Analysis. Meta-Analysis Sports Med. 2021 Jan;51(1):161-174
  11. Fuchs C et al. Postexercise cooling impairs muscle protein synthesis rates in recreational athletes.J Physiol. 2020 Feb;598(4):755-772
  12. Malta E. et al. The Effects of Regular Cold-Water Immersion Use on Training-Induced Changes in Strength and Endurance Performance: A Systematic Review with Meta-Analysis. Meta-Analysis Sports Med. 2021 Jan;51(1):161-174
  13. Gregson W et al. Das Eintauchen in kaltes Wasser nach dem Training schwächt die Muskelglykogenresynthese nicht ab. Med Sci Sports Exerc. 2013;45(6):1174–1181
  14. Kwiecien S. et al. Don't Lose Your Cool With Cryotherapy: The Application of Phase Change Material for Prolonged Cooling in Athletic Recovery and Beyond. Sports Act. Living, 15 October 2020
  15. Buijze G et al. The Effect of Cold Showering on Health and Work: A Randomized Controlled Trial. PLoS One. 2016; Kox M et al. Voluntary activation of the sympathetic nervous system and attenuation of the innate immune response in humans. Proc Natl Acad Sci USA. 2014

Mentale Stärke im Sport

Es gilt als selbstverständlich im Sport, dass gerade in entscheidenden Momenten maximale Kraft und Ausdauer aktiviert werden können. Dieses Verständnis von Sport war jedoch nicht immer gegeben, sondern hat sich im Lauf der Zeit entwickelt. Heute wird der Körper jedoch oft als Leistungsträger für einen messbaren und standardisierten Sport gesehen.

Leistungssportler versuchen, durch mentale Stärke ihr volles Potential abrufen zu können. Mentale Stärke beschreibt die Fähigkeit, im entscheidenden Moment unter den gegebenen Bedingungen die bestmögliche Leistung zu erbringen und seine Trainingsleistung auch in einer Wettkampfsituation abrufen zu können. Wettkampfstress, Leistungsdruck und Nervosität können der körperlichen Höchstleistung im Weg stehen; neben den physischen Aspekten und dem Trainingszustand ist auch der Kopf wichtig, um sportliche Höchstleistungen zu erbringen. Unsere Leistungsfähigkeit hängt auch von Motivation, Disziplin, Siegeswillen und mentaler Stärke ab.

Hier kommt das Mentaltraining ins Spiel. Der erweiterte, heute überwiegend verwendete Mentaltrainingsbegriff umfasst letztendlich alle Gedanken und Gefühle im Leistungssport. Als Ergänzung zum physischen Training schafft Mentaltraining die Basis für effizienteres Trainieren und eine gefestigte Wettkampf-Performance. Mentaltraining befasst sich mit dem direkten Einfluss von psychischen Prozessen auf die Bewegung. Das umfasst kognitive Strategien, die zur Optimierung eingesetzt werden, u.a. auch das wiederholte, intensive „Durchdenken“ von Bewegungsabläufen, jedoch ohne dessen gleichzeitige Ausführung. Trainierbare Bereiche sind u. a. auch Konzentration, Motivation, mentale Stärke und Wettkampfvorbereitung.

Dass der Körper in Stresssituationen Adrenalin ausschüttet, ob im Wettkampf oder in einer Prüfung, ist eine biologische Konstante und auch notwendig, um die bestmögliche Leistung abzurufen. Jedoch kann eine als zu stark empfundene Stresssituation leistungshemmend sein. Daher üben Spitzensportler, im Wettkampf nur an den nächsten Schritt zu denken, ganz in der Situation zu sein und keine Ablenkung zuzulassen. U.a. kann das durch die Konzentration auf den eigenen Atem gelingen oder durch Aktivierung positiver Bilder im Kopf (z. B. Zielankunft). Um den Adrenalinspiegel positiv zu regulieren, werden auch Meditation und Autogenes Training eingesetzt.

Entscheidend für die Entwicklung sportlicher Leistungsfähigkeit ist zudem, das richtige Verhältnis zwischen Anspannung und Entspannung zu finden. Manche Sportler nutzen Hypnosetechniken, um die Anspannung zu kontrollieren, wieder andere Tiefensuggestion, Entspannungsübungen oder positive Selbstgespräche. Derartige Selbstinstruktionen gelingen manchen Menschen leicht, andere dagegen müssen dies in kleinen Schritten erlernen. Das fällt Frauen und Männern übrigens genauso schwer oder leicht; Geschlechtsunterschiede gibt es dabei nicht, nur unterschiedliche Persönlichkeiten.

Wie können Aspekte des Mentaltrainings praktisch umgesetzt werden?

  • Konkrete, aber realistische Ziele setzen, die einen begeistern. Wenn ein Ziel außerhalb der realistischen Reichweite liegt, wirkt sich das negativ aus.
  • Lösungs- und nicht problemorientiert denken: nicht die Probleme sehen, z. B. die Stärken des Gegners, schlechtes Wetter etc., sondern nach Lösungen suchen - wie kann die eigene Stärke eingesetzt werden, um eine Lösung zu finden oder die Situation zu adaptieren?
  • Konzentration auf das Wesentliche – bei der Sache bleiben, sich konzentrieren. Dadurch wird u. a. auch die Verletzungswahrscheinlichkeit reduziert.
  • Konzentration-Ruhe-Fokus - Gefühle zur Lenkung nutzen – Autosuggestion: z. B. sich sagen, dass man ruhig und sicher ist, dass man etwas schaffen kann.
  • Sich den eigenen Ängsten stellen und diese nutzen: Nur die wenigsten Sportler haben überhaupt keine Angst zu scheitern, nicht gut genug zu sein, die gesetzten Ziele nicht zu erreichen usw. Man sollte sich positive Referenzerlebnisse schaffen, die einem zeigen, dass man eine Situation meistern kann. Manche Sportler nutzen ihre Angst und Anspannung auch, um sich zu energetisieren und ihren Fokus zu stärken.

Mentales Training ist übrigens auch im Kinder- und Jugendbereich sinnvoll; dabei spielt es keine Rolle, ob es um Kondition, Athletik oder Technik geht - Mentaltraining sollte genauso dazu gehören.

Es gibt kein allgemeingültiges Rezept, wie eine Fokussierung im entscheidenden Wettkampf letztendlich gelingt. Denn zum sportlichen Erfolg gehören gute Bedingungen, Talent, Fleiß, Wille, Tagesform, Wetter, Trainingszustand und daneben auch die Psyche. Und die ist zwar wichtig – aber sie allein führt niemanden zum Sieg.

Und letztendlich sollten wir bedenken: Sport soll auch Spaß machen und Entspannung bringen und der Leistungsgedanke, der ohnehin unser Leben bestimmt, nicht immer im Fokus stehen. Und Mentaltraining muss ja auch nicht zwingend dazu genutzt werden, um bessere Leistungen zu bringen – Konzentration, Ruhe und Fokus bereichern unser Leben auch ohne Leistungsbezug.

Plädoyer für mehr Bewegung bei Kindern

Wäre hätte gedacht, dass ich auch in der ersten Ausgabe des Ausblick 2021 noch immer (oder schon wieder) auf Corona Bezug nehme. Und auch, wenn ich diesmal optimistisch bin, dass sich im ersten Quartal 2021 so einiges wieder in die richtige Richtung wenden wird, da wir mehrere effektive Impfungen zur Verfügung haben werden, so muss ein Plädoyer für mehr Bewegung unserer Kinder dennoch geschrieben werden.

Die positiven Auswirkungen körperlicher Aktivität auf die physische und psychische Gesundheit wurden in den letzten Jahren ausreichend anhand zahlreicher Studien belegt; der Zusammenhang zwischen Bewegung und Gesundheit gilt längst als gesichert. Die globalen Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geben vor, dass sich Vorschulkinder mindestens 180 Minuten täglich bewegen, nicht mehr als eine Stunde sitzend vor einem Bildschirm verbringen und 10-13 Stunden schlafen sollten. Für Kinder und Jugendliche wird empfohlen, sich mindestens 60 Minuten lang moderat bis intensiv körperlich zu betätigen und nicht mehr als zwei Stunden täglich sitzende Freizeitbeschäftigung zu betreiben; außerdem werden 9-11 Stunden Schlaf empfohlen. Nun hat kürzlich eine Autorengruppe aus China und Australien in fünf Punkten zusammengefasst, warum die Corona-Pandemie und daraus resultierende Bewegungseinschränkungen insbesondere für Kinder fatal sein können [1,2]:

  • Daten aus der Zeit vor der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass im Durchschnitt nur ein Fünftel der Vorschulkinder und weniger als 10% der Kinder im Schulalter die oben aufgeführten Bewegungsempfehlungen erfüllen. Die Autoren nehmen an, dass angesichts des Zusammenhangs zwischen Gesundheitsparametern und Bewegungsverhalten die Gesundheit der Kinder während der Corona-Pandemie noch stärker beeinträchtigt worden ist.
  • Zudem kann die Zeit des in vielen Ländern geforderten „Zuhause-Bleibens“, vor allem, wenn sie in geschlossenen Räumen stattfindet, zu einem höheren Risiko eines Vitamin-D-Mangels, zu Problemen der psychischen Gesundheit und zu einer zunehmenden Entwicklung von Kurzsichtigkeit führen (die in den vergangenen Jahren ohnehin schon aufgrund geringerer Bewegung draußen bei Tageslicht zugenommen hat).
  • Obwohl Kinder weniger anfällig für COVID-19-Infektionen bzw. -Erkrankungen zu sein scheinen (unter anderem vermutlich infolge geringer hormoneller Einflüsse und geringerem Einfluss von Hormon-/Androgen-Rezeptoren und assoziierter Faktoren in der Lunge [3]), kann die Aufrechterhaltung oder Steigerung des körperlichen Aktivitätsniveaus ihr Risiko für Atemwegsinfektionen verringern.
  • Daneben können auch die Ressourcen, die Kindern helfen, mit lebensverändernden Umständen umzugehen (und diese sind u.a. Bewegung und Sport), beeinträchtigt werden.
  • Letztendlich muss auch berücksichtigt werden, dass die Auswirkungen des individuellen Bewegungsverhaltens verstärkt werden: durch geringere körperliche Aktivität und mehr Zeit am Bildschirm wird wahrscheinlich auch die Qualität des Schlafs beeinträchtigt. Auch kann es längerfristige gesundheitliche Konsequenzen geben, wenn die nachteiligen Verhaltensanpassungen, wie z.B. weniger Aktivität, zum neuen Normalfall würden.

DAV Hans Herbig

Foto: DAV Hans Herbig
Die Corona-Pandemie verstärkt letztendlich bereits bestehende Probleme. Schon 2017 gab es ein Plädoyer für die Prävention von Bewegungsmangel im Kindesalter durch den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin: „Nur knapp ein Drittel der Jungen und ein Fünftel der Mädchen bewegen sich täglich eine Stunde. 1950 war das noch anders, da bewegte sich der Deutsche im Schnitt noch 10 km am Tag, jetzt beträgt die Strecke unter 700 m“, schrieb Prof. Engelhardt und forderte konkrete Präventionspläne: „Damit wir unser bewährtes Gesundheitssystem auf hohem Niveau halten können, bedarf es eines Präventionsplans. Dieser sollte mit dem Staat, Kindergärten und Schulen, dem organisierten Sport […] abgestimmt, […] und langfristig angelegt sein.“ [4].

In diesem Sinne sollten wir alle darauf achten und unsere Kinder, Enkelkinder, Schüler, Bekannte dazu anhalten, auf eine ausreichende körperliche Bewegung zu achten (und dies muss in keinem Fall Leistungssport sein, sondern kann auch einfache körperliche Bewegung sein) und diese umzusetzen, und sie dabei unterstützen. Während Kindheit und Jugend wird die Basis für weitere körperliche Aktivität gelegt. Und falls der Hebel (u.a. infolge der Corona-Pandemie aber auch durch andere Ursachen) in die falsche Richtung gedreht wurde, dann müssen wir, wann immer möglich, sobald wie möglich gegsensteuern, um einen langfristigen negativen Einfluss zu verhindern.

  • Bischoff L. COVID-19 und Bewegungseinschränkungen im Kindesalter. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin. November 2020.
  • Hongyan Guan H, Okely AD, Aguilar-Farias N, del Pozo Cruz B, Draper CE, El Hamdouchi A, et al. Promoting healthy movement behaviours among children during the COVID-19 pandemic. 2020; 4: 416-418. June 01, 2020. doi: 10.1016/S2352-4642(20)30131-0
  • Brookman-May Sabine: Re: Androgen-deprivation Therapies for Prostate Cancer and Risk of Infection by SARS-CoV-2: A Population-based Study (n = 4532). Eur Urol. Juni 2020
  • Engelhardt M. Prävention wird immer wichtiger. Orthopädie und Unfallchirurgie. 2017; 7: 3. doi: 10.1007/s41785-017-0176-7

Richtige Ernährung in den Bergen – Wie, was und wann essen auf Bergtour?

Die richtige Antwort lautet: Wie es Euch gefällt, solange dem Körper bei Belastung möglichst schnell und effektiv die verbrauchte Energie zurückgegeben wird. Energiezufuhr ist das A und O und das Hauptziel sollte sein, seine Energiespeicher wieder zügig auffüllen.

 

Die Grundsätze einer gesunden Ernährung gelten auch in den Bergen; Unterschiede gibt es bezüglich der unterschiedlichen Belastungsformen und -intensitäten. Je nach Belastungsart (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit) muss die Zusammensetzung der Nährstoffe angepasst werden, um die maximale Ausnutzung der Energiereserven zu erreichen.

 

Lange Bergtouren sind anstrengend, und das Auffüllen der Energiespeicher ist Grundlage einer passenden Ernährungsweise in den Bergen. Energie gewinnt der menschliche Organismus aus den Nährstoffen Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß. Generell gilt: Je höher die Belastung, desto wichtiger ist die Energielieferung. Doch wie schaut eine adäquate Energieversorgung im besten Fall aus? Füllt man morgens die Energiespeicher mit einem gehaltvollen Frühstück auf und zehrt davon den ganzen Tag? Bevorzugt man viele kleine Mahlzeiten oder hält man sich lieber an drei größere?

Generell sind Kohlenhydrate (enthalten z.B. in Brot, Zucker, Marmelade, Kartoffeln, Nudeln, Früchten) auch am Berg die wesentlichen Energielieferanten. Gelangt der Körper an die Grenze der größtmöglichen Sauerstoffaufnahme, greift er hauptsächlich auf die Kohlenhydratreserven zurück, da hier die Energie vierfach so schnell wie aus den Fettdepots geliefert werden kann. Zusätzlich beziehen einige Organe (z. B. das Gehirn) ihre Energie allein aus Zucker. Sind die Speicher leer, merkt man es schnell; Schwindel, Hunger und zitternde Muskeln sind Zeichen einer Unterzuckerung. Generell liefern komplexe Kohlenhydrate, wie sie in Obst und Vollkornprodukten enthalten sind, nachhaltiger Energie als einfache Zucker (z.B. Schoko-Croissant); auch Traubenzucker liefert nur kurzzeitig Energie.

Ebenso unverzichtbar als Nahrung für Bergsportler sind Eiweiße (Proteine) als Grundbausteine des Körpers, wie sie sich in Eiern, Milch, Käse, Fisch und Fleisch finden. Sie fördern den Aufbau der Muskeln sowie die Konzentrations- und Koordinationsfähigkeit.

Fette, wie in Nüssen, Vollmilch und Olivenöl, enthalten doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate und sind somit gefragt, wenn schnell mit wenig Nahrung viel Energie zugeführt werden soll. Für den Normalsportler gilt: übermäßiger Fettkonsum setzt die Ausdauerfähigkeit herab, denn je mehr Fett man zu sich nimmt, desto weniger Kohlenhydrate und Eiweiß kann der Körper zusätzlich aufnehmen. Eine dauerhaft leistungsfördernde und gesunde Ernährung besteht aus ca. 50 – 60 % Kohlenhydrate, 25 – 30 % Fett und 10 – 15 % Eiweiß.

 

Besonderheiten in der Höhe?

Oft stellt sich die Frage, ob die Ernährungsweise in der Höhe umgestellt werden soll. Klar ist, dass mehrere Faktoren in der Höhe die Ernährung beeinflussen: der Sauerstoffmangel führt zu Appetitlosigkeit, die Herstellung von Mahlzeiten ist kräfte- und zeitzehrend und der Transport von Nahrungsmitteln in die Höhe nicht ohne weiteres möglich. Auch die Akklimatisationsfähigkeit kann durch die Ernährung beeinflusst werden. So gibt es Hinweise, dass Bergsportler, die sich fettreich ernähren, mehr Akklimatisationsprobleme haben als solche, die mehr Wert auf andere Energielieferanten legen. Dieses Phänomen erklärt sich vor allem dadurch, dass bei der Umwandlung von Kohlenhydraten zu Energie der sogenannte respiratorische Quotient größer ist als beim Fettstoffwechsel, damit weniger Sauerstoff benötigt und mehr CO2 produziert wird, was wiederum den Atemantrieb fördert. Dadurch wird die Akklimatisation erleichtert.

 

Wie also ernähre ich mich also richtig, um am Berg fit zu sein?

Am Abend und kurz vor der Tour sollte man schwer verdauliche Mahlzeiten meiden. Am Morgen wird leicht und ballaststoffreich gefrühstückt, ideal ist das klassische Müsli mit Obst oder ein Vollkornbrot mit Käse. Ein Verzicht auf das Frühstück ist in keinem Fall zu empfehlen, denn wenn der Körper einmal auf Tour ist, braucht er die Energie der Kohlenhydrate und Fette.

Während der Tour nimmt man vor allem Kohlenhydrate zu sich: getrocknetes Obst, Müsli- oder Energieriegel sowie das klassische Schinkenbrot gehören ebenso in den Rucksack wie eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung. Die erste Brotzeit-Pause macht man am besten nach ca. zwei Stunden Belastung. Ca. alle ein bis zwei Stunden werden Pausen eingelegt, um den Kohlenhydrat-Nachschub zu regulieren.

Wichtig ist vor allem, dass man direkt nach der Belastung, also z.B. bei der Ankunft auf der Hütte, Kohlenhydrate und Eiweiß zu sich nimmt, u.a. in Form von Riegeln, Eiern oder Joghurt. Dies ist wichtig, damit der Stoffwechsel schnell umgestellt werden kann von Energieabbau hin zu Energieaufbau. Am Abend sollte dann eine Hauptmahlzeit erfolgen. Hier darf gern alles gegessen werden, worauf man Lust ist. Wichtig ist, dass man sich nach dem Essen wohl fühlt.

Berücksichtigen sollte man auch, dass es unterschiedliche Stoffwechseltypen gibt, den Kohlenhydrat-Typ und den Fett-Eiweiß-Typ. Um Magen-Darm-Probleme zu vermeiden, sollte man vorher auch wissen, was man unter Belastung verträgt und was nicht, z.B. Kohlenhydrat-Gels, auf die man evtl. zurückgreifen möchte und mit denen man mit kleinem Volumen viel Energie zuführen kann. 

 

Trinken, trinken, trinken

Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist beim Bergsteigen und Höhen-Trekking unverzichtbar. Der tägliche Wasserbedarf des Menschen ohne Belastung liegt bei ca. 1,5 bis 2 Litern; bei Anstrengung kann unser Körper durch vermehrtes Atmen und Schwitzen bis zu acht Liter Flüssigkeit verlieren. Schon kleine Flüssigkeitsverluste vermindern die Ausdauerleistung – Appetitlosigkeit, Müdigkeit und Koordinationsstörungen sind die Folge; ebenso steigt die Gefahr von Erfrierungen. Auch für die erfolgreiche Höhenakklimatisation ist die Flüssigkeitszufuhr ausschlaggebend. Gerade in der Höhe ist der Durst meist geringer; gerade aber, weil durch den Wasserverlust zudem auch wertvolle Mineralien verloren gehen, sollte man sich auf Bergtouren immer wieder zu einer regelmäßigen Flüssigkeitsaufnahme zwingen. Auf einer Höhentour sollten nicht wesentlich weniger als vier Liter am Tag getrunken werden. 2-3 Liter sind das Minimum, am besten mineralstoffreiche Frucht­schorlen, die den Durst am effektivsten löschen oder – vor allem bei Kälte – mit Honig gesüßter Tee. Warme Getränke erhalten dem Körper Energie, die er sonst für das Aufwärmen der getrunkenen Flüssigkeit bereitstellen müsste.

Nahrungsergänzungsmittel und Mineralienersatz – was ist sinnvoll, was unnötig?

Gegen Nahrungsergänzung bzw. Substitution als Ausgleich eines bestehenden Mangels bzw. zur Leistungserhaltung ist nichts einzuwenden. Insbesondere bei langen, anstrengenden Bergtouren wird der Mineralien-Haushalt stark beansprucht. So können bei hohen Schweißverlusten Kalium-, Magnesium- und Eisenmangel auftreten. Typische Symp­tome sind Muskelkrämpfe, allgemeine Muskelschwäche, Müdigkeit und Leistungsminderung. Zur Planung des Tourenproviants sollte neben adäquatem Packmaß und Gewicht vor allem auch ein möglichst adäquater Nährstoff-und Mineralersatz vor, während und nach der Belastung das Ziel darstellen. Zur Substitution sind nicht zwingend teure Nahrungsergänzungsmittel notwendig; damit während der Tour die Energie nicht ausgeht und um die Mineralienspeicher schnellstmöglich wieder aufzufüllen, eignen sich auch die in der folgenden Tabelle aufgeführten Produkte:

Gipfelbrotzeit

Der Klassiker mit Speck und Käse, Brot und etwas Salz hat viele Freunde und seine Berechtigung, da ausgewogen in der Zusammensetzung aus Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett.

Obst- und Gemüsesäfte

Orangen- oder Apfelsaft enthalten insbesondere Magnesium und Calcium, Fruchtzucker und Vitamine.

Birnen

Sehr wasserhaltig (83%) und kohlenhydratreich; weitere wichtige Bestandteile sind Eiweiß, Bor und diverse Vitamine. Äußerst wichtig ist auch das enthaltene Zink, welches nicht selbst produziert werden kann, sondern über die Nahrung aufgenommen werden muss und vor allem über den Schweiß verloren geht.

Bananen

Voll wichtiger Nährstoffe, Mineralien und Vitamine, wie z.B. Vitamin B und C als auch Kohlenhydraten, steht die Banane auf der Liste der Energiebringer ganz weit oben.

Karotten

Enthalten eine Menge an Mineralstoffen, insbesondere Kalium, Calcium, Vitamin A, B1 und B2; zusätzlich hoher Wassergehalt

Orangen

Hoher Gehalt an Vitamin C. 200 g (100 mg Vitamin C) decken den empfohlenen Tagesbedarf komplett ab. Außerdem enthalten: Flavonoide (Blutdruck- und Cholesterinsenkend)

Weintrauben

Enthalten zahlreiche Mineralien, Vitamine, Ballaststoffe, Calcium, Kalium, Magnesium und Folsäure plus Vitamin C

Honig

Honig ist nicht nur reich an Kohlenhydraten, sondern enthält eine Menge Aminosäuren als Eiweißbaustein.

Studentenfutter und Trockenobst

Ob Rosinen, Cashewkerne, Walnüsse, Paranüsse, Erdnüsse oder Haselnüsse; die verschiedenen Nüsse und getrockneten Früchte sorgen durch Kohlenhydrate, Mineralien und das enthaltene Eisen für eine bessere Konzentrations- und allgemeine Leistungsfähigkeit.

Apfelkuchen

Top-Energiebringer, zudem ausreichend Vitamine und Mineralien; ein idealer Snack (in Maßen) für zwischendurch

Energieriegel, insbesondere Nuss-Müsliriegel

Ideal für lange, anstrengende Touren, da guter Energielieferant; zudem in der Regel viel Vitamin E (wichtig für Muskulatur und Nerven) enthalten. Teilweise enthalten Riegel jedoch auch sehr viel Zucker – daher auf jeden Fall beim Kauf einen Blick auf die Inhaltsstoffe werfen. Eine geeignete Alternative sind selbst zubereitete Müsliriegel.

Bier/Bierhefe

Auch (alkoholfreies) Bier hat eine relativ gute Mineralien-Zusammensetzung, doch reicht es auf keinen Fall für einen vollständigen Ersatz der Verluste aus. Bierhefe ist ein sinnvolles Präparat zur Förderung der Eiweißaufnahme und zur Unterstützung der Eiweißverstoffwechslung und ein sehr guter Vitamin B-Lieferant.

Koffein

Koffein regt das zentrale Nervensystem an und steigert die Leistungsfähigkeit. Es spricht nichts dagegen, auch am Berg vor und während der Belastung Koffein in Form von Kaffee (oder Tein in Form von Tee) zu sich zu nehmen.

Konzentrate/ Fertigprodukte

Neben den oben erwähnten Nahrungsmitteln können auch Konzentrate oder Fertigprodukte sinnvoll eingesetzt werden, z.B. Bananenkonzentrate (oder andere Fruchtkonzentrate), gesalzene Fertigsuppen oder Trekking-Mahlzeiten als High-Tech-Verpflegung (hochkonzentriert an Nährstoffen, mitunter jedoch sehr teuer).

Eine zusätzliche oder alternative Substitution von Mineralien und Vitaminen kann z.B. auf mehrtägigen Touren oder Hochtouren mitunter sinnvoll sein. Vor allem bei den Vitaminen A und E sowie bei Folsäure und Calcium können in der Höhe Defizite auftreten. Diese sollte man bewusst ausgleichen. Die besten Vitaminlieferanten sind Obst und Gemüse, jedoch kann es gerade bei Belastung sinnvoll sein, zusätzlich mit Multivitamin- und Mineraltabletten zu unterstützen, die sich zudem zum Mischen von Getränken im Rahmen der ohnehin notwendigen Flüssigkeitsaufnahme eignen. Praktisch ist auch Milchpulver zum Elektrolyt- und Basenausgleich. Insbesondere bei mehrtägigen Touren und/oder körperlicher Anstrengung ist zudem Magnesiumersatz sinnvoll. Neben magnesiumhaltigen Nahrungsmitteln (Nüsse, Haferflocken, Reis) bieten Granulate eine sinnvolle Ergänzung. 

Mit guter (Trainings-) Vorbereitung, adäquat geplanter Verpflegung im Rucksack und gutem Essen auf der Hütte steht einer erfolgreichen Bergtour somit nichts im Wege.

In diesem Sinne,

Eure Sabine Brookman-May

Sport und geistige Fitness

In einem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist – Sport und geistige Fitness

Auf der Suche nach einer geeigneten Methode, die Gehirnleistung möglichst lange und effektiv zu bewahren, raten Experten gern zum Gehirnjogging. Doch statt Sudoku und Denksportaufgaben zu machen, darf man Gehirnjogging ruhig wörtlich nehmen. Denn immer mehr wissenschaftliche Studien bestätigen die enge Verknüpfung zwischen Gehirn und Sport.

Sport verbessert kognitive Leistung

Sportliche Aktivität kann die kognitive Leistung über alle Altersklassen hinweg langfristig verbessern. Forscher der Universität Basel haben kürzlich zahlreiche Einzelstudien ausgewertet. Insgesamt scheinen Ausdauertraining, Krafttraining und eine Mischung aus beidem die kognitive Leistung zu verbessern. Die größte Wirksamkeit zeigen koordinativ anspruchsvolle Sportarten, die komplexe Bewegungsabläufe und/oder Interaktionen mit Mitspielern integrieren. Sich im Sport koordinativ zu fordern, scheint wichtiger zu sein als der Gesamtumfang der sportlichen Aktivität; ein höherer Gesamtumfang an sportlicher Aktivität führt nicht zwangsweise zu einer größeren Wirksamkeit für die geistige Fitness. Wichtig ist zudem insbesondere, dass über einen längeren Zeitraum hinweg trainiert wird.

Genauso wie unsere körperlichen Voraussetzungen verändert sich auch die geistige Leistungsfähigkeit im Verlauf. Großes Potenzial für Verbesserungen durch körperliche Aktivität gibt es in der Kindheit (kognitive Aufbauphase) und im hohen Alter (kognitive Abbauphase). In der Metaanalyse der Universität Basel ergab sich allerdings kein Anhaltspunkt für unterschiedliche Wirkungen in den verschiedenen Altersgruppen. Sportaktivitäten müssen daher auch nicht abhängig vom Alter grundsätzlich anders gestaltet werden, um die kognitive Leistung zu stärken. So wären beispielsweise auch gemeinsame Sportangebote für Kinder und ihre Großeltern umsetzbar und ausbaufähig.

Während es keine altersspezifischen Unterschiede gibt, wirkt dagegen die gleiche Dosis an sportlicher Aktivität bei Männern und Frauen nicht nur unterschiedlich auf die körperliche Fitness, sondern hat auch einen unterschiedlichen Effekt auf die geistige Fitness. Demnach profitieren Männer, zumindest anhand der Auswertung der Universität Basel, stärker von intensiver sportlicher Aktivität, während die Sportart selbst nicht entscheidend ist. Während sich für Jungen und Männer ein hartes Workout besonders zu lohnen scheint und mit einer schrittweisen Erhöhung der Intensität über einen längeren Zeitraum zu einer größeren Verbesserung der kognitiven Leistung führte, blieb bei Mädchen und Frauen der positive Effekt bei einer zu schnellen Intensitätssteigerung aus. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Frauen eher eine sportliche Aktivität mit mittlerer Intensität wählen bzw. einen zu schnellen Intensitätsanstieg vermeiden sollten, wenn sie dadurch ihre kognitive Fitness steigern möchten.

Andere Studien zeigen, dass nicht nur koordinative Sportarten sinnvoll sind, sondern insbesondere auch aerobes Ausdauertraining. Wer Joggen geht, schwimmt, radelt oder Bergsport betreibt, pusht damit auch seine geistige Kapazität. Ganz wichtig ist aber - Sport macht nur dann geistig fit, wenn er regelmäßig betrieben wird.

Im Zusammenspiel mit sportlicher Aktivität sind zahlreiche Effekte auf die geistige Aktivität, Kapazität und Gehirnleistung beschrieben

Verstärkte Sauerstoffversorgung

Das Gehirn wird stärker mit Sauerstoff versorgt, z. B. beim langsamen Joggen um bis zu 30 %, wodurch wichtige biochemische Substanzen besser transportiert werden.

Vergrößerte Plastizität des Gehirns und größere Hirnmasse

Die Plastizität des Gehirns vergrößert sich durch die Freisetzung sog. Neurotrophine; diese Stoffe braucht der Körper, um neue Nervenzellen in der Denkzentrale zu bilden und zu knüpfen. In einer Studie, in der die Hirnsubstanz von Sportlern mittels Kernspintomographie untersucht wurde, zeigte sich eine deutlich größere Hirnmasse als bei Nicht-Sportlern [2].

Gesteigerte Gehirnaktivität und Reset-Effekt

Regelmäßiger Sport verändert die Gehirnaktivität. Der für Bewegungen und Koordination zuständige motorische Kortex ist während der Belastung besonders aktiv. In der Großhirnrinde, dem Kleinhirn und dem Hippocampus kommt es zu einer gesteigerten Stoffwechselaktivität. Hierdurch überleben Hirnzellen länger und neue Nervenzellen werden gebildet. Dafür reduziert der für logisches Denken zuständige präfrontale Kortex seine Aktivität. Das ist ein wünschenswerter Effekt, der als Reset bezeichnet wird, und der uns nach dem Sport zu einer besseren Konzentration verhilft [3].

Bessere räumliche Vorstellungskraft und Konzentrationsfähigkeit

In einer Studie der Universität Ulm wurden zwei Gruppen untersucht. Während die eine regelmäßiges Ausdauertraining durchführte, trieben die anderen keinen Sport. Die räumliche Vorstellungskraft und die Konzentrationsfähigkeit der aktiven Gruppe war anschließend deutlich höher als die der Nicht-Aktiven.

Höhere geistige Leistungsfähigkeit, besserer Fokus und gesteigerte Effizienz

Kanadische Wissenschaftler wiesen nach einem viermonatigen Fitnessprogramm nicht nur eine bessere sportliche, sondern eine deutlich höhere geistige Leistungsfähigkeit nach. In einer weiteren Studie der Universität Arizona wurden zwei Gruppen von jungen Männern untersucht - eine, die regelmäßig Ausdauersport betrieb, die andere war inaktiv. Die Gehirne der Sportler besaßen eine deutlich bessere funktionelle Kapazität; die Sportler konnten sich besser auf eine Tätigkeit fokussieren und diese dann auch schneller, effektiver und mit niedrigerer Fehlerquote ausführen [4].

Reduktion des Risikos für Demenz und Alzheimer

Das Gehirn funktioniert bis ins hohe Alter nachweislich besser. Es gibt Hinweise darauf, dass man mit Sport das Krankheitsrisiko für Demenz und Alzheimer reduzieren kann. Eine Studie der Universität Illinois hat gezeigt, dass das Alter bei den positiven Auswirkungen von Sport auf das Gehirn keine wesentliche Rolle spielt. In einer Studie mit 55- bis 79-jährigen Probanden zeigte die Hirnleistung aller Teilnehmer eine deutliche Verbesserung, darunter auch bei jenen, die erste Anzeichen einer Demenzerkrankung aufwiesen.

In diesem Sinne wünsche ich euch wie immer eine aktive und gesunde Zeit!

Eure

Sabine

  1. Ludyga, S et a. Systematic review and meta-analysis investigating moderators of long-term effects of exercise on cognition in healthy individuals. Nature Human Behaviour, 2020
  2. Deutsche Sporthochschule Köln
  3. Universität Bochum. Sport vergrößert Hirnareale. Deutsches Ärzteblatt 2013; Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) 2013
  4. David A. Raichlen et al. Differences in Resting State Functional Connectivity between Young Adult Endurance Athletes and Healthy Controls. Hum. Neurosci., 29 November 2016

Sport und Krebserkrankungen

Immer wieder höre ich von Krebspatienten, die in meine Praxis kommen, dass ihnen geraten wird, sich nicht körperlich anzustrengen und auf gar keinen Fall Gewicht durch Sport zu reduzieren, sondern sich auszuruhen und – wenn überhaupt auf die Ernährung zu achten – bestimmte Krebsdiäten durchzuführen. Das ist jedoch keinesfalls eine Empfehlung, der Krebspatienten folgen sollten. Dagegen ist die Datenlage klar, dass Sport und körperliche Aktivität sinnvoll sind für Tumorpatienten und daher regelmäßig erfolgen sollten. Körperliche Aktivität kann nicht nur Nebenwirkungen einer Krebstherapie reduzieren und das Wohlbefinden insgesamt verbessern, sondern sogar die Prognose von Patienten verbessern.

Gemeinsam mit weiteren ärztlichen Kollegen der ESOU (EAU Section of Oncological Urology) habe ich kürzlich in einem sog. systematischen Review untersucht, wie modifizierbare Lifestyle-Faktoren wie z.B. Rauchen und Sport das Prostatakrebs-Risiko und die Prognose beeinflussen [Brookman-May S. et a., Latest Evidence on the Impact of Smoking, Sports, and Sexual Activity as Modifiable Lifestyle Risk Factors for Prostate Cancer Incidence, Recurrence, and Progression: A Systematic Review of the Literature by the European Association of Urology Section of Oncological Urology (ESOU). Eur Urol Focus. 2018 Mar 22]. Schaut man sich die verfügbare wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema an, wird schnell klar, dass auch mangelnde körperliche Inaktivität ein negativer Faktor für die Entstehung und Prognose von Krebserkrankungen ist. Zahlreiche Studien haben außerdem gezeigt, dass das Krebsrisiko bei körperlich aktiven Menschen reduziert ist und dass regelmäßige körperliche Aktivität durch verschiedene Mechanismen das Risiko für Tumorerkrankungen verringert.

Auch bei Patienten, die an Krebs erkrankt sind, sind Sport und körperliche Aktivität sehr sinnvoll. Wir reden hier nicht nur von gemäßigter Aktivität, wie z.B. Spazierengehen. Auch sportliche Aktivitäten mit höherer Beanspruchung, wie z.B. Joggen, sportliches Radeln, Bergwandern usw., sind überaus sinnvoll und sollten und dürfen regelmäßig erfolgen. In vielen Studien hat sich gezeigt, dass sich die Prognose von Krebspatienten durch körperliche Aktivität deutlich verbessern kann. In einer Studie führten beispielsweise Prostatakrebspatienten über 24 Monate ein Ausdauertraining durch – hierdurch wurde das Fortschreiten der Tumorerkrankung im Vergleich zu einer anderen Patientengruppe ohne aktives Training signifikant verringert. Auch das Wachstum von Knochenmetastasen war deutlich langsamer bzw. wurde teilweise komplett verhindert, wenn Patienten ein gezieltes Aktivitäts-Programm durchführten. Daneben wirkt sich körperliche Aktivität auch auf die Gesundheit und chronische Erkrankungen generell günstig aus und kann damit die Lebenserwartung insgesamt verbessern.

Bisher ist jedoch nicht ausreichend erforscht, welche individuellen Trainingspläne für Krebspatienten am besten sind – d.h. wie oft und in welcher Intensität trainiert werden sollte und welche Sportarten am sinnvollsten sind. Zu dieser Fragestellung werden weiterhin Studien durchgeführt. Bisher zeigen Studien jedoch, dass körperliche Aktivität über mindestens 3-5 Stunden/Woche zielführend ist und die Prognose von Krebspatienten verbessern kann. Und zu körperlicher Aktivität gehört nicht nur ein gezieltes Sport-Trainingsprogramm; auch andere Aktivitäten wie z.B. Gartenarbeit, Hausarbeit, Wandern etc. sind hier anzurechnen. Sinnvoll sind in jedem Fall auch anstrengende körperliche Aktivitäten, solange sich der Patient dabei wohl fühlt. Letztendlich ist dabei alles erlaubt, was Freude macht und je nach Stadium der Tumorerkrankung auch umsetzbar ist. Wichtig ist, dass durch die körperliche Aktivität ein erhöhter Kalorienverbrauch erzielt wird. Dieser kann u.a. durch die Berechnung von sog. MET-Einheiten (metabolic equivalent of task; metabolisches Äquivalent) kontrolliert werden. 1 MET entspricht einem Energieverbrauch von 1 kcal je kg Körpergewicht je Stunde. Was sich kompliziert anhört ist, ist relativ einfach: empfohlen wird, innerhalb einer Woche zusätzlich 15-18 MET-Einheiten zu verbrauchen. Diese können mit Hilfe von Tabellen eingeschätzt werden (siehe unten).

Tanzen 4,5
 Tennis 7
 Walken, niederige Intensität (ca. 4 km/h), Gehen 3
 Walken, moderate Intensität (ca. 5 km/h)  4
 Walken, hohe Intensität (ca. 6 km/h) 5
 Wandern 6
 Radfahren, niedrige Intensität 4
 Wassergymnastik 4
 Yoga 2,5
 Aerobic Gymnastik 8
 Jazz Tanz 6
 Mit Tieren spielen, laufend/rennend 3
 Mit Kindern spielen, sitzend 2,2
Gartenarbeit 5
 Küchenaktivitäten allg. (Kochen, Abspülen, mod. Intensität 3,3
Lebensmittel einkaufen 2,3
 Einkäufe Stufen hinauftragen 7,5
 Gemüse ernten, Blumen pflücken 3,3

 

Sport und körperliche Aktivitäten

  •  Sport und körperliche Aktivitäten können das Krebsrisiko reduzieren und die Prognose von Krebspatienten verbessern in mehreren Studien wurde ein deutlicher Benefit durch regelmäßige Aktivität bezüglich des Fortschreitens von Tumorerkrankungen, des Therapieansprechens und der Prognose insgesamt gezeigt
  • Da körperliche Aktivität und Sport einen generellen positiven Einfluss auf gesundheitliche Probleme und Erkrankungen zeigt, ist es zweifelsohne sinnvoll, einen aktiven Lebensstil auch zur Tumorvorbeugung zu empfehlen
  • körperliche Aktivität kann zudem auch Nebenwirkungen einer Krebstherapie (z. B. bei Hormontherapie, Chemotherapie) und die sog. Tumorfatigue reduzieren
  • Bisher ist nicht klar definiert, unter welchen Konditionen Sport prtektiv wirkt (Art, Umfang, Intensität). Individuelle Aktivitätsprogramme und Strategien für die Itegration von Trainingsprogrammen während und nach der Tumortherapie müssen entwickelt werden

Warum und wie wirkt Sport und körperliche Aktivität positiv bezüglich Krebsrisko und Prognose bei Krebspatienten

  •  Verringerte Inflammation (Entzündungswerte)
  • Positive Beeinflussung des Immunsystems
  • Positiver Einfluss auf Hormonspiegel
  • Verringerung des Körpergewichts und verbesserte Körperzusammensetzung (weniger "schädliches" Bauchfett, mehr Muskelmasse, verbesserte Knochendichte, Reduktion von sog. Fettgewebs-Zytokinen, die das Tumorwachstum ungünstig beeinflussen).
  • Verringerung des Tumorwachstums, vermehrte Tumorzellzerstörung ("Apoptose"), Anstieg von Genen, die das Tumorwachstum bremsen

 Wer das Ganze professioneller angehen möchte, kann natürlich außerdem zu weiteren Möglichkeiten wie Pulsmessern greifen, um den Kalorienverbrauch noch individueller zu berechnen.

Letztendlich sollten Tumorpatienten körperlich und sportlich alles machen, was Spaß macht und die Lebensqualität steigert - Spazierengehen, Wandern, Bergwandern, auch Bergsteigen und sportliches (Kraft-) Ausdauertraining – es gibt keine generellen Einschränkungen. Und auch Krafttraining darf und sollte sinnvollerweise Bestandteil des alltäglichen Lebens seins.

In diesem Sinne, Eure Sabine

Prof. Dr. med. Sabine D. Brookman-May

Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München Großhadern, Praxis für Urologie Freising

 

 

 

Sport, Bewegung und Immunsystem

Während ich diesmal meine Kolumne für den Ausblick schreibe, herrscht der Ausnahmezustand. Jeder von uns ist deutlich mehr als sonst auf seine vier Wände, sich selbst und seine Familie beschränkt.

Innerhalb kurzer Zeit hat das Coronavirus unseren Alltag kräftig durcheinander gerüttelt. Die Kontaktbeschränkung ist ein notwendiges Mittel gegen die weitere Ausbreitung des Virus, und doch schränkt dies unsere Bewegungsfreiheit deutlich ein. Schwimmbäder, Sportvereine, Fitnessstudios und Kletterhallen - geschlossen. In die Alpen fahren zum Wandern, Bergsteigen, Klettern – vorerst gestrichen. Doch gerade in solchen Zeiten ist es besonders wichtig, auf die körperliche und geistige Gesundheit zu achten. Wir können weiterhin nach draußen in die Natur und sollten dies, soweit möglich, auch unbedingt tun. Denn wir wissen, dass moderate körperliche Aktivität unser Immunsystem positiv beeinflusst. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Erwachsenen täglich 30 Minuten an Bewegung, Kindern eine Stunde pro Tag. Und das nicht nur in Zeiten von Corona. Verschiedene Faktoren beeinflussen, wie häufig wir uns Infekte einfangen. Dabei ist die körperliche und seelische Gesundheit zentral; Rauchen, Schlafmangel und chronischer Stress erhöhen die Infektanfälligkeit. Daneben spielt auch die Infektiosität der Erreger eine wichtige Rolle.

Sportler sind seltener krank

Grundsätzlich hat Sport eine positive Wirkung auf das Immunsystem. Das lässt sich z.B. über die Veränderung von Immunzellpopulationen gut untersuchen. Das Immunsystem umfasst eine große Vielzahl unterschiedlicher Zellen, die in unterschiedlichen Geweben verschiedene Funktionen ausüben. Die Abstimmung und die feine Regulation aller Elemente untereinander sind noch lange nicht komplett verstanden. In Studien wurde jedoch gezeigt, dass die so genannten natürlichen Killerzellen z.B. nach dem Training auf einen Halbmarathon eine höhere Abwehrfunktion entwickeln. Zwar beansprucht eine hohe sportliche Intensität kurzfristig das Immunsystem, da man mit Sport einem zeitlich begrenzten Stress ausgesetzt ist, der das Gesamtsystem beansprucht; letztendlich wird damit jedoch auch für das Immunsystem trainiert und optimiert, so dass es sich besser auf die Anforderungen des Körpers einstellen kann. Betrachtet man die Infektionshäufigkeit über das ganze Jahr, so sind Sportler seltener krank als die Durchschnittsbevölkerung. Chronische Entzündungsreize, wie sie für die Entstehung von Diabetes, Krebs oder Arteriosklerose relevant sind, werden auch durch Sport unterdrückt.

Sport – wie, wie viel und was?

Wie viel Sport? Es gibt keine für alle Altersgruppen und Umstände einheitliche Empfehlung. Generell sollten mindestens 150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche erreicht werden, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht und Diabetes zu verringern. Daten aus epidemiologischen Studien zeigen ein Optimum bei einem zusätzlichen Verbrauch von 1.200 bis 2.000 kcal pro Woche durch Bewegung und Sport. Wandern, Joggen, Radfahren sind in jedem Fall sinnvolle Ausdauersportarten, die Herz-Kreislauf-System und Immunsystem trainieren. Auch Krafttraining ist ergänzend sinnvoll, um Muskelkraft und Knochendichte zu erhalten. Tipp: Seit Ausbruch der Pandemie bieten hervorragende Anleitungen im Internet, per App oder im Fernsehen für (fast) jeden etwas.

Auch die psychische Wirkung von Bewegung und Sport ist von immenser Bedeutung. Ob ein Spaziergang, Jogging, Radeln, Trampolinspringen, das Wohnzimmer zur Bewegungsbaustelle für Kinder umfunktionieren, Gartenarbeit - all dies kann uns unterstützen, Belastungen und Stress besser auszuhalten.

Wichtig für das Immunsystem ist neben Sport auch Schlaf und Ernährung. Kurzzeitige Schlafstörungen erhöhen zwar nicht das Risiko einer Infektion, doch Schlaf ist eng mit Regeneration verknüpft. Eine ausreichende Zufuhr an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen muss gewährleistet sein, um für die Regeneration und das Immunsystem eine optimale Basis zu schaffen. Hierfür genügt eine ausgewogene Ernährung; Nahrungsergänzungspräparate sind zumindest für den Freizeitsportler nicht notwendig und auch nicht empfehlenswert.

Zwischendurch sollten wir nicht vergessen, dass wir uns gerade in solchen Phasen nicht permanent perfektionieren müssen, auch wenn wir mit Empfehlungen von vielen Seiten nahezu permanent beschallt werden. Neben aller Wichtigkeit von Sport und Bewegung ist auch Gelassenheit, Ruhe und Kontemplation wichtig – ein gutes Buch lesen, einen Film schauen und entdecken, was uns persönlich guttut.

Meine Empfehlungsliste für Sport-Apps:

  • Body Coach Joe Wick (YouTube) - Anleitungen für Training zuhause, inkl. High Intensity Intervall Training; thebodycoach.com
  • Online Trainings der Techniker Krankenkasse (auch für Nicht-TK-Mitglieder)
  • Programm von Borussia Mönchen Gladbach: #StayAtHome
  • Freeletics – Trainingsvideos, jederzeit und überall nutzbar
  • Alba Berlin (YouTube): Für Kinder und Jugendliche in verschiedenen Altersgruppen
  • Pelvintense – Beckenbodentraining für Männer zur Verbesserung der Rumpfstabilität, Reduktion von Rückenschmerzen und mehr (entwickelt von mir gemeinsam mit DFB-Physiotherapeuten Christan Müller)

Bleibt gesund! Eure Sabine

Sportmedizinischer Check

Sportmedizinischer Check - Wann und für wen ist er sinnvoll?

Leistungssportler wissen: ein medizinischer Check-up ist wichtig, um den Körper bestmöglich auf die ausgeübte Sportart vorzubereiten. Sportmedizinische Check-ups werden zunehmend auch für Hobbysportler angeboten, und Sportmediziner empfehlen, sich vor der Aufnahme neuer sportlicher Aktivitäten einem Gesundheitscheck zu unterziehen.
Hierbei erstellt der Arzt ein genaues Bild von der Fitness des Patienten, checkt das Herz, den Kreislauf und den Bewegungsapparat. Eine sportmedizinische Untersuchung analysiert auch die körperliche Leistungsfähigkeit des Patienten und untersucht, ob mögliche Risikofaktoren vorliegen. Wichtig beim sportmedizinischen Check ist die gesundheitliche Vorgeschichte, u.a. Operationen, Unfälle und Vorerkrankungen, woraus sich erste Rückschlüsse bezüglich einer sportlichen Eignung ziehen lassen. Die familiäre Vorgeschichte gibt Aufschluss über mögliche Erbkrankheiten oder familiär bestehende Risiken. Weitere Fragen betreffen das bisherige Training, um Schwachstellen und mögliche Überbelastungen festzustellen. Darüber hinaus werden Fragen zur Ernährung und das alltägliche Leben betreffend gestellt – Job, Hobbys, Stressbelastung oder Rauchverhalten tragen zur Sporttauglichkeit entscheidend bei. Die körperliche Untersuchung mit Blutdruckmessung und nach orthopädischen und kardiologischen Gesichtspunkten gehört unbedingt dazu. Ein Elektrokardiogramm (EKG) im Ruhezustand dient der Bewertung der Herzfunktion. Bei bestimmten Patientengruppen wird ein Belastungs-EKG empfohlen, u.a. bei bekannter Herzerkrankung und ab einem Alter von 65 Jahren. Sinnvoll kann es darüber hinaus bei Männern und Frauen ab 45 Jahren sein, die sich intensiv belasten wollen. Blutuntersuchungen und Laktatdiagnostik erweitern ggf. die Diagnostik. Bei Jugendlichen können angeborene und bisher unbemerkte Gesundheitsprobleme vorliegen, z.B. bislang unentdeckte Herzrhythmusstörungen. Bei älteren Menschen kann es im Laufe der Jahre zum Beispiel durch Rauchen oder eingeschränkte Bewegung zu krankhaften Veränderungen am Herz-Kreislauf-System gekommen sein. Zum abschließenden Ergebnis gehören individuelle Empfehlungen zu Training, Sport und Bewegung (z.B. auch ideale Trainings-Herzfrequenz).

Sportmedizinischer Check

Für wen und wann ist die sportmedizinische Untersuchung ratsam?

Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) empfiehlt die sportärztliche Untersuchung vor Trainingsbeginn bzw. Einstieg in eine intensivere Sportart für Personen, die über 35 Jahre alt sind und länger keinen Sport betrieben haben oder auf die ein oder mehrere Risikofaktoren, u.a. Rauchen, Bewegungsmangel, Fettstoffwechselstörung, Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht, Herzkrankheiten in der Familie, Gerinnungsstörungen des Blutes, Rauchen und gleichzeitige Einnahme der Antibaby-Pille, zutreffen. Die Vorsorgeuntersuchung soll ermitteln, ob jemand durch Sport möglicherweise seine Gesundheit gefährdet. Für den genannten Personenkreis ist eine sportmedizinische Untersuchung sicher empfehlenswert. Wichtig ist aber zusätzlich und bei jeder sportlichen Betätigung vor allem, die eigene Fitness selbst realistisch einzuschätzen.
Die Kosten für einen Gesundheitscheck liegen je nach Umfang zwischen 100 bis 400 Euro, Einzeluntersuchungen sind günstiger. Zuvor sollte man sich bei der eigenen Krankenkasse erkundigen, ob diese einen Teil der Kosten übernimmt, was teilweise der Fall ist (z.B. Techniker Krankenkasse, BKK Mobil Oil, Barmer EK, Siemens BKK und andere). Die durchgeführten Untersuchungen überschneiden sich zum Teil ohnehin mit weiteren Leistungen, die die Kasse zahlt, u.a. den Vorsorgeuntersuchungen, auf den Versicherte ab 35 Jahre alle zwei Jahre Anspruch haben. Auch ist die sportmedizinische Untersuchung für Jugendliche als Erweiterung der Jugendgesundheitsuntersuchung (J1 und J2) möglich.
Wie häufig ein sportmedizinischer Check durchgeführt werden sollte, hängt vom Ergebnis der Untersuchung ab. Gesunde sollten alle drei bis fünf Jahre zum Check-up; wer Beschwerden hat oder Medikamente einnimmt, sollte häufiger zur Untersuchung. Gleiches gilt, wenn sich etwas gravierend ändert, zum Beispiel bei deutlicher Gewichtszunahme, neu aufgetretenen Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme.

 

Allgemeinmedizinisch-körperliche Untersuchung

Größe, Gewicht, Bauchumfang, Blutdruck

Lungenfunktionstest

Wichtig bei Ausdauersportarten ist die Lungenfunktion. Ist diese eingeschränkt, stößt der Körper schnell an seine Grenzen und ein gesundes Training ist nicht möglich. Aber auch der Trainings- und Leistungszustand einer gesunden Lunge kann so ermittelt werden. Gemessen wird dabei die Luftmenge, die maximal ein- und ausgeatmet werden kann, sowie die Geschwindigkeit der Atemzüge.

Ruhe-EKG

Einsatz zur Diagnostik vor allem bei Durchblutungsstörungen, Rhythmusstörungen oder Herzentzündungen.

Orthopädische Untersuchung und Muskelfunktionstest

Hier werden Muskeldysbalancen, Verkürzungen und zu schwache Muskulatur aufgespürt, um das Training entsprechend auszulegen. Gelenke und Wirbelsäule werden bezüglich Fehlstellungen und Abnutzungserscheinungen untersucht.

Internistische Untersuchung

Messen des Blutdrucks, Ruhe-EKG, Abklopfen und Abhören gehören zu diesem Teil der Untersuchung.

Belastungs-EKG alternativ Leistungsdiagnostik

Die sportmedizinische Untersuchung beinhaltet als wesentlichen Teil einen Belastungstest. Dieser findet meist auf einem Fahrradergometer statt. Dabei werden, während der Patient verschiedene Belastungsintervalle fährt, Herzfrequenz, Erholungsherzfrequenz und das Blutdruckverhalten analysiert. Durch die Messung der Laktatwerte (Leistungsdiagnostik) bei steigender Belastungsintensität können Stoffwechselvorgänge zudem genau beurteilt werden.

Laboruntersuchung

fakultativ nach Rücksprache

Sporteignungsuntersuchungen

Sporteignungsuntersuchung (z.B. Sportstudium), Lizenzuntersuchung, Sportmedizinische Vorsorgeuntersuchung, Kaderuntersuchung, Atteste zur Teilnahme an Wettkämpfen, Atteste Marathonlauf, Tauch-untersuchung, Segel-/Sportbootführerschein, Sportmedizinische Vorsorgeuntersuchung

Sprechzeiten 2020/2021

Themen für die Sprechstunde können das gesamte sportmedizinische und urologische Spektrum betreffen:

Sportmedizinisch:

  • Beratung zu Bewegungstherapie, Sportmedizin und Ernährungsmedizin
  • Welche Belastung ist bei welchen Vorerkrankungen (z.B. Herz-Kreislauferkrankungen, Krebserkrankungen) möglich und sinnvoll?
  • Wie sollte eine entsprechende Vorbereitung für sportliche Leistungen (Alpinsport, Wandern, Radsport, Wettkampf) im Alter oder bei akuten/chronischen Vorerkrankungen ausschauen?

Urologie:

  • z.B. generelle Prävention und Gesundsheitsvorsorge
  • urologische Vorsorgeberatung, Nachsorge- und Krankheitsberatung
  • andrologische Beratung (Männerheilkunde)
  • Beratung nach operativen urologischen Eingriffen und unter urologischer Tumortherapie
Derzeit können keine Alpenvereins-Sprechzeiten stattfinden.
 

Wenn Bedarf an medizinischer Beratung, Diagnostik und Therapie besteht, kann direkt über die Urologische Praxis ein Termin in der Praxis oder in der Videosprechstunde vereinbart werden (unter www.art-uro.de, kontakt@art-uro.de oder 08161 – 98 98 93 7).